Berlin und Paris für EU-Vertragsänderung

Straßburg/Berlin (dpa) - Im Ringen um einen Weg aus der Schuldenkrise wollen Deutschland und Frankreich den Euro mit einer Änderung der EU-Verträge stabilisieren.

Vorschläge noch vor dem nächsten EU-Gipfel in zwei Wochen kündigten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy am Donnerstag bei einem Dreiertreffen mit dem neuen italienischen Regierungschef Mario Monti in Straßburg an. Den Vorschlägen der EU-Kommission für die Einführung von Eurobonds, die Kommissionspräsident José Manuel Barroso am Vortag vorgestellt hatte, erteilte Merkel erneut eine Abfuhr.

Als Reaktion auf die unverändert harte Haltung Deutschlands zu Eurobonds rutschte der deutsche Aktienindex Dax ins Minus. Kurzzeitig fiel der Dax um mehr als ein Prozent, nachdem er zuvor zeitweise mit fast zwei Prozent im Plus lag. Damit steuerte der deutsche Leitindex auf den neunten Verlusttag in Folge zu.

Beim Schuldensünder Portugal standen am Donnerstag für einen Tag fast alle Räder still. Mit einem der größten Streiks seit Jahrzehnten protestierten die Menschen gegen die Sparmaßnahmen der Regierung. Die Ratingagentur Fitch senkte die Kreditwürdigkeit Portugals auf Ramsch-Niveau herab.

Die Vorstellungen Frankreichs und Deutschlands über die Vertragsänderungen sollen in den nächsten Tagen vorgestellt werden. Merkel sagte, ihre ablehnende Haltung zu Eurobonds werde sie auch nicht als Gegenleistung für vertraglich geregelte Verschärfungen der Stabilitätskriterien aufgeben. „Es geht nicht um Leistung und Gegenleistung.“

Sarkozy machte deutlich, dass die Vorschläge für Vertragsänderungen „Teil eines Ganzen“ seien. Es sei nicht angebracht, Eurobonds vorzuschlagen, ohne über eine Wirtschaftsregierung zu sprechen und umgekehrt.

Einmütig unterstrichen die Regierungschefs der drei größten Euro-Länder Deutschland, Frankreich und Italien, die Europäische Zentralbank (EZB) nicht unter Druck setzen zu wollen. Zuletzt waren Forderungen immer lauter geworden, die EZB solle ihre Eingriffe am Anleihemarkt systematisch ausweiten, wogegen sich die Notenbank aber bislang sperrt.

Die Herabstufung der Kreditwürdigkeit Portugals durch die Ratingagentur Fitch trieb die Renditen von Euro-Krisenländern wieder nach oben. Aber auch am deutschen Anleihemarkt ließ sich das Misstrauen nach dem Schock über die mangelnde Nachfrage für eine Sechs-Milliarden-Staatsanleihe am Vortag nicht abschütteln.

Händler erklärten die anhaltende Nervosität mit der bislang erfolglosen Suche nach einer Lösung der Schuldenkrise. Ein Hauptstreitpunkt bleiben gemeinsame Anleihen aller Euro-Länder.

Deutlich unter Druck gerieten am Donnerstag portugiesische und irische Staatspapiere. Portugal und Irland werden derzeit mit Mitteln des Rettungsfonds EFSF gestützt, daher hat die Abwertung durch Fitch in der Praxis kaum Auswirkungen.

Einen kräftigen Schub mitten in der Schuldenkrise verliehen investitionsfreudige Verbraucher und Unternehmen der deutschen Wirtschaft. Die Unternehmer der gewerblichen Wirtschaft erwarten auch in den nächsten Monaten gute Geschäfte und ließen den ifo-Index, Deutschlands wichtigstes Konjunkturbarometer, erstmals nach vier Monaten wieder steigen.

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