Billiges Öl lässt Inflation sinken

Vorerst dürften Tanken und Heizen vergleichsweise günstig bleiben. Doch die extrem niedrigen Preise haben eine Kehrseite.

Düsseldorf. Sprit ist so günstig wie lange nicht, die Heizölpreise fallen seit Wochen — was Autofahrer und Hausbesitzer freut, macht Europas Währungshütern immer größere Sorgen.

In Deutschland waren die Verbraucherpreise im November nur um 0,6 Prozent höher als ein Jahr zuvor. Damit ist die Jahresinflation auf den niedrigsten Stand seit fast fünf Jahren gesunken. Das Statistische Bundesamt bestätigte gestern vorläufige Zahlen. Im Euroraum nähert sich das Preisniveau der Nullmarke: Die Inflationsrate lag nach vorläufigen Zahlen von Eurostat im November bei 0,3 Prozent.

Hauptgrund ist der Preisrutsch bei Rohöl: Seit dem Sommer sind die Preise um 40 Prozent eingebrochen. Die Ölförderländer befeuerten dies: Auf ihrem Treffen Ende November in Wien konnten sich die zwölf Opec-Staaten nicht auf eine Kürzung ihrer Produktion einigen. Saudi-Arabien und der Irak senkten sogar zuletzt noch ihre Preise, um ihre Anteile auf dem Weltmarkt zu verteidigen. Billiges Rohöl macht auch Haushaltsenergie günstiger - und Energie hat bei der Berechnung der Inflationsrate Gewicht.

Sinken die Preise auf breiter Front, könnte das Verbraucher und Unternehmen dazu verleiten, Anschaffungen und Investitionen aufzuschieben - denn es könnte ja noch billiger werden. Das könnte die ohnehin lahmende Konjunktur abwürgen.

Ökonomen streiten, ob tatsächlich eine Abwärtsspirale aus rückläufigen Preisen und schrumpfender Wirtschaft droht. Je nachdem, von welcher Seite des Atlantiks die Lage analysiert wird, fällt das Urteil höchst unterschiedlich aus. „Das Deflationsrisiko in der Eurozone ist erheblich“, so der Chefökonom der US-Investmentbank Goldman Sachs, Jan Hatzius. Dagegen betont der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, David Folkerts-Landau: „Es gibt keine Deflation-Gefahr. Es gibt die Gefahr niedriger Inflationsraten.“

Die Prognosen sind eindeutig: Das EZB-Ziel einer Jahresteuerung von knapp 2,0 Prozent wird auf Jahre nicht wieder erreicht werden. Für Deutschland erwartet die Bundesbank, dass die Inflation wegen spürbarer Lohnerhöhungen und der Einführung des Mindestlohns 2015 auf 1,1 Prozent steigen wird.

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