Chemiespezialist Lanxess gibt Gas

Leverkusen (dpa) - Wenn Axel Heitmann im kommenden Jahr in der neuen Konzernzentrale in Köln residiert, hat sich Lanxess endgültig vom Bayer-Konzern emanzipiert und aus dem Dunstkreis Leverkusen gelöst.

Über viele Jahre hat der Vorstandschef den Konzern auf Kerngeschäfte rund um Kunststoffe, Kautschuk und Spezialchemikalien konzentriert und auf Rendite getrimmt. Und allmählich erntet das Unternehmen die Früchte: Seit 2006 werden die Aktionäre fast regelmäßig mit steigenden Dividenden beglückt. Zugleich setzte die Aktie zu einem Höhenflug an.

In wenigen Wochen könnte ein weiteres Ereignis hinzukommen und Elan und Aufbruchstimmung bei Lanxess beflügeln: der Aufstieg in die oberste Garde der börsennotierten deutschen Unternehmen, in den DAX. Die Spekulationen sind nicht neu: Die im M-DAX notierte Lanxess-Aktie wird seit längerem neben Conti und Brenntag als potenzieller DAX-Aufsteiger gehandelt. Ob es dazu kommt, hängt auch davon ab, wer den DAX verlassen muss. Kandidaten sind der Nutzfahrzeugbauer MAN und der Handelsriese Metro.

In den vergangenen Jahren hat Lanxess einen starken Wandel durchlaufen und einer Erfolgsgeschichte geschrieben. „Wir sind heute weltweit der führende Hersteller von synthetischem Kautschuk“, freut sich Konzernsprecher Daniel Smith. Dahinter verbergen sich besonders zwei zukunftsträchtige Geschäftsfelder: Reifen- und Autoindustrie. Dabei setzen die Rheinländer mit ihren Hochleistungskautschuken unter anderem auf energiesparende und treibstoffeffiziente grüne Reifen.

Vom Hunger der Menschen in den asiatischen Schwellenländern und in Lateinamerika nach Mobilität verspricht sich Lanxess in den kommenden Jahren vor allem eines: Wachstum und Gewinn. „Unser Fokus auf Megatrends und Wachstumsregionen sowie unsere Technologiekompetenz sind die Stabilisatoren in einem zunehmend herausfordernden Umfeld“, umschreibt Heitmann die Konzernphilosophie. Allein in China verzeichnete das Unternehmen im zweiten Quartal 2012 ein Plus von mehr als 30 Prozent beim Umsatz.

Das war keineswegs immer so. Als der Bayer-Konzern 2004 beschloss, sich von der traditionsreichen Chemie zu trennen, hatten nicht einmal die kühnsten Experten an eine schnelle Wiederbelebung dieser angeschlagenen Sparte geglaubt. Angesichts schwacher Margen kam Bayer immer mehr unter Zugzwang. Eine Modernisierung schien nicht erfolgversprechend beziehungsweise zu teuer. Bayer verlegte seine Aktivitäten verstärkt auf das sogenannte Life-Science-Geschäft mit Gesundheit und Pflanzenschutz und behielt vom Industriebereich nur die hochwertigen Materialien.

Mit damals knapp 20 000 Beschäftigten kam Lanxess an die Börse. Die Erstnotiz lag bei 15,75 Euro je Aktie - und Heitmann hatte eine Herkulesaufgabe vor sich. Börsianer blieben angesichts der immensen Altlasten zunächst skeptisch. Mit einer EBTDA-Rendite von 6,6 Prozent lag das Unternehmen weiter hinter den Konkurrenten, zu denen unter anderem Clariant, BASF, Dupont, DSM und Evonik zählen. Doch die Zeiten ändern sich. Heute liegt die EBITDA-Rendite bei knapp 15 Prozent.

Der Umbau des Konzerns verlangte den Mitarbeitern des Unternehmens einiges ab. Mit einem Sparprogramm und dem Verkauf von Unternehmensbereichen wurden Tausende von Arbeitsplätzen abgebaut. 2006 erzielte Lanxess erstmals einen Gewinn. Allmählich kam die Aktie in Fahrt. In der Folge der Wirtschaftskrise 2008 fiel der Kurs auf ein historisches Tief von knapp unter 11 Euro ab. Heute notiert die Lanxess-Aktie bei rund 60 Euro, knapp unter ihrem Höchstwert.

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