Chinesen auf Einkaufstour

Immer mehr Investoren aus dem Reich der Mitte kaufen deutsche Firmen.

Aichtal/Hildesheim. „Deutschland mag ich sehr, sehr gerne“, sagt Liang Wengen. Der reichste Mann Chinas und Chef des größten chinesischen Baumaschinenherstellers Sany ist gekommen, um seine neueste Errungenschaft mit eigenen Augen zu sehen: Putzmeister. Die Chinesen haben den Betonpumpenspezialisten aus Aichtal bei Stuttgart vor drei Monaten gekauft — es war die größte Übernahme eines chinesischen Unternehmens in Deutschland.

Die Übernahme ist auch ein Beispiel dafür, dass die Zeiten, in denen China als „verlängerte Werkbank“ des Westens galt und bestenfalls mit Billigprodukten aus eigener Herstellung den globalen Wettbewerb anheizen konnte, vorbei sind. Das Reich der Mitte strotzt politisch und ökonomisch vor Selbstbewusstsein — immer öfter auch als Entwicklungspartner und Geldgeber von Unternehmen in Europa. Nicht umsonst ist in diesem Jahr China auch Partnerland der weltgrößten Industrieschau Hannover Messe (23. bis 27. April).

Spektakuläre Groß-Deals wurden hierzulande bisher zwar nicht abgeschlossen. Doch mehrere erfolgreiche Mittelständler im Maschinenbau-Land Deutschland sind längst ins Visier chinesischer Interessenten geraten, bis hin zum Kauf kompletter Firmen. Die Strategen aus Peking, Shanghai & Co. suchen sich vor allem Technologie-Anbieter aus, die Produktnischen besetzen, welche für den weiteren Ausbau ihrer Infrastruktur zentral sind.

So kauft etwa Sany mit Putzmeister neben der Marke und Know-how ein starkes Vertriebsnetz außerhalb Chinas, über das künftig auch Sany-Produkte in alle Welt gebracht werden sollen. Für Putzmeister wiederum bietet sich mit Sany im Rücken die Chance, sich mit neuen Produkten wie Betonmischern breiter aufzustellen und so unabhängiger vom Geschäft mit Betonpumpen zu werden.

Auch Unternehmen aus anderen Branchen wie der Solar- oder Autoindustrie stehen auf den Einkaufszetteln finanzstarker Anleger aus dem kommunistischen Land. Beim Hildesheimer Autozulieferer KSM Castings schlug im Oktober 2011 die chinesische Unternehmensgruppe Citic Dicastal zu.

Von einem möglichen Ausverkauf technischer Kompetenzen an den Produzenten von Autofelgen, der zu einem Staatskonzern gehört, ist keine Rede: KSM-Chef Frank Boshoff begrüßte den Einstieg, in beide Richtungen sei das Potenzial groß. Zu den Kunden von KSM zählen unter anderem Volkswagen, Audi und Daimler.

Bei den Putzmeister-Mitarbeitern ging jedoch wegen des Verkaufs an die Chinesen die Angst um. „Der Verkauf kam für uns völlig überraschend über Nacht“, sagt Gesamtbetriebsratschef Gerhard Schamber. Die Mitarbeiter seien schockiert gewesen. Mittlerweile habe sich die Situation beruhigt — dafür hat vor allem eine Jobgarantie für die 1100 Beschäftigten in Deutschland bis Ende 2020 gesorgt. Schamber. „Natürlich wird sensibel darauf geachtet, ob nun alles so kommt wie versprochen. Den Worten müssen nun Taten folgen.“

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