Der Garantiezins wackelt

Lebensversicherung: Das Finanzministerium denkt an eine Absenkung auf 1,75 Prozent.

Berlin. Neuverträge der klassischen Kapitallebensversicherung könnten ab Mitte 2011 deutlich unattraktiver werden: Das Bundesfinanzministerium erwägt, die Garantieverzinsung zum 1. Juli von 2,25 Prozent auf 1,75 Prozent zu senken. Es wäre die erste Senkung seit 2007. Dies geht aus einem Entwurf des Ministeriums hervor.

Die Versicherer laufen Sturm gegen die Pläne und fürchten um ihren einstigen Verkaufsschlager. Für eine Änderung des Höchstrechnungszinses gebe es 2011 keinen Anlass, erklärt der Branchenverband GDV. Das Finanzministerium wollte die Pläne nicht bestätigen, es werde derzeit noch geprüft. Hintergrund für den möglichen Schritt des Ministeriums: Lebensversicherungen sollen in Zeiten schwankender Kapitalmärkte sicher bleiben und auch halten, was sie den Kunden als garantiert versprechen.

Der Höchstrechnungszins ist der maximale Zins, den Versicherer ihren Kunden garantieren dürfen — ein wichtiges Verkaufsargument für das Geschäftsmodell Lebensversicherungen. Dieser Zins ist an die durchschnittliche Rendite zehnjähriger europäischer Staatsanleihen gekoppelt und darf 60 Prozent davon nicht überschreiten. Seit 2007 liegt er bei 2,25 Prozent. Die DAV, der Berufsverband der Versicherungsmathematiker, hatte im Februar empfohlen, den Rechnungszins 2011 auf dieser Höhe zu belassen.

Eine Änderung des Höchstrechnungszinses betrifft aber nur solche Verträge, die nach dem Umstellungszeitpunkt abgeschlossen werden. Für Altpolicen wirkt der beim Abschluss gültige Garantiezins. Diesen müssen die Versicherer weiterhin erwirtschaften, auch wenn das allgemeine Zinsniveau und der neue Garantiezins sinken.

Sollte es zu der Senkung kommen, dürften Versicherer merklich weniger Verträge verkaufen, weil diese an Attraktivität verlieren würden. „Aus Marketinggründen wäre eine Senkung für die Versicherer nicht schön“, erklärt Thorsten Rudnik, Vorstandsmitglied des Bundes der Versicherten.

Viele Versicherer haben bereits Alternativen parat. Die Allianz und andere Anbieter profitierten in der Lebensversicherung zuletzt stark vom Geschäft mit Einmalbeiträgen. Als Alternative zu den derzeit mau verzinsten Bank-Sparprodukten standen sie bei den Verbrauchern hoch im Kurs. Zudem gibt es einen Trend zu fondsgebundenen Lebensversicherungen. Dabei bleiben die Gewinnchancen, aber auch die Risiken beim Kunden. Angesichts des niedrigen Zinsniveaus sind die Versicherer dabei fein raus: Für traumhafte Garantiezinsen von anno dazumal müssen sie nicht geradestehen.

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