Deutsche Wirtschaft schöpft neue Hoffnung

München (dpa) - Die deutsche Wirtschaft stemmt sich gegen den Sog der Eurokrise und blickt wieder deutlich optimistischer nach vorn. Das wichtigste Konjunkturbarometer, der Ifo-Geschäftsklimaindex, stieg im November überraschend von 100,0 auf 101,4 Punkte.

Motor sind die Exporte nach Asien und Amerika, der private Konsum und der Wohnungsbau. In der Industrie, im Handel und auf dem Bau liefen die Geschäfte wieder etwas besser. „Zudem blicken die Unternehmen deutlich weniger pessimistisch auf die weitere Geschäftsentwicklung“, erklärte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn am Freitag in München.

Das Umfrageergebnis sei „eine faustdicke Überraschung“, sagte Ifo-Konjunkturexperte Klaus Wohlrabe. Der Index war seit April ständig gesunken. Angesichts der Rezession in der Eurozone, der ungelösten Schuldenkrise und der weltweit schwächeren Konjunktur hatten die meisten Volkswirte mit einem weiteren deutlichen Rückgang gerechnet. Wegen der vielen Risiken sehen die Ifo-Forscher den Indexanstieg auch noch nicht als Signal für einen neuen Aufschwung.

In der Industrie verbesserten sich Geschäftslage und Auftragseingang leicht. Die Exporterwartungen legten kräftig zu. Vor allem aus China seien positive Impulse gekommen, erklärte Ifo-Außenhandelsexperte Christian Grimme. Auch in den USA habe sich die Nachfrage nach Elektronik, Autos und Maschinen Made in Germany stabilisiert. Die beiden größten Volkswirtschaften kaufen zusammen 14 Prozent der deutschen Exporte. In Spanien und Italien, die zusammen bisher 9 Prozent der deutschen Ausfuhren kauften, geht die Talfahrt aber weiter.

Im Inland kommen Impulse vor allem von Konsum und Wohnungsbau. „Investitionsgüter laufen weiter schlecht. Die Firmen stellen Investitionen zurück, der Ausblick ist sehr negativ“, erklärte Wohlrabe. Dagegen seien Chemie-, Konsumgüter- und vor allem Nahrungsmittelindustrie zufrieden. „Die Leute kaufen gerade viel zu essen“, sagte der Ifo-Experte. Im Einzelhandel verbesserte sich der Ausblick auch weit über Weihnachten hinaus erheblich, auch im Großhandel ging es steil nach oben.

„Dem Baugewerbe geht es sehr gut“, sagte Wohlrabe. Das Geschäftsklima sei seit Monaten auf einem historisch guten Niveau und habe sich jetzt noch etwas verbessert.

Bei den Mitarbeiterzahlen bewegt sich im Moment nicht viel. „Wir halten den Personalbestand“, fasste Wohlrabe die Aussagen zusammen. Die Bundesagentur für Arbeit, die Wirtschaftsweisen und die führenden Forschungsinstitute rechnen für nächstes Jahr mit durchschnittlich 2,9 Millionen Arbeitslosen in Deutschland.

Mit Blick auf die Eurozone und ein mögliches Sparprogramm in den USA mahnte Wohlrabe aber zu Vorsicht: „Ich würde noch nicht von Lichtblick sprechen.“ Der weitere Trend sei unklar. Die Ifo-Umfrage zeige eine durchschnittliche Geschäftslage und negative Erwartungen - wenn auch jetzt „nicht mehr so pessimistisch“.

Die bessere Wirtschaftsstimmung beeindruckte die Börse wenig. Auch die meisten Banken-Volkswirte reagierten vorsichtig. „Der Nebel der Unsicherheit bleibt dicht und die Abwärtsrisiken sind groß“, sagte Unicredit-Volkswirt Alexander Koch. Commerzbank-Volkswirt Ralph Solveen sieht noch kein Wendesignal, aber mehr Hoffnung, dass sich die deutsche Wirtschaft in den kommenden Monaten stabilisiert.

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