EZB öffnet die Geldschleusen - aber nicht für Griechenland

Nikosia/Frankfurt (dpa) - Im Kampf gegen Wirtschaftsflaute und Preisrückgang öffnet die Europäische Zentralbank (EZB) die Geldschleusen. Vom kommenden Montag an werde die Notenbank Staatsanleihen und andere Wertpapiere kaufen, sagte EZB-Präsident Mario Draghi.

EZB öffnet die Geldschleusen - aber nicht für Griechenland
Foto: dpa

Wie im Januar angekündigt, sollen mindestens bis September 2016 monatlich Papiere im Umfang von 60 Milliarden Euro gekauft werden. Das Programm werde fortgesetzt, wenn die Inflation sich bis dahin nicht dem Zielwert der Notenbank von knapp unter zwei Prozent angenähert habe, betonte Draghi. Mit der 1,1 Billionen Euro schweren Maßnahme will die Notenbank den Preisauftrieb stärken, um eine Deflation zu verhindern - also auf breiter Front sinkende Preise. Denn das könnte die Konjunktur abwürgen.

Schon jetzt sehe man positive Auswirkungen der im Januar angekündigten Wertpapierkäufe, sagte Draghi. Die Kreditvergabe habe sich verbessert, auch die Stimmung bei Verbrauchern und Unternehmen habe sich aufgehellt. Im laufenden Jahr sind die Wirkungen auf die Verbraucherpreise aber nach der neuesten EZB-Prognose noch gering.

Denn Europas Währungshüter erwarten, dass die Inflation 2015 auf 0,0 Prozent sinken wird. Das heißt: Die Verbraucherpreise steigen nicht. Damit korrigierten sie auch wegen der niedrigen Ölpreise ihre bisherige Prognose von 0,7 Prozent nochmals deutlich nach unten.

In den beiden Folgejahren dürfte sich die Geldschwemme nach der Vorhersage aber stärker auf den Preisauftrieb auswirken. Demnach steigen die Verbraucherpreise 2016 um 1,5 (bisher: 1,3) Prozent. In ihrer ersten Schätzung für 2017 sagen die Notenbanker eine Inflationsrate von 1,8 Prozent voraus.

Gleichzeitig wächst der Konjunkturoptimismus: Statt bisher 1,0 Prozent Wachstum in diesem Jahr erwarten die Experten nun im Euroraum 1,5 Prozent Plus. Die Prognose für 2016 wurde von 1,5 Prozent auf 1,9 Prozent angehoben. Für 2017 sagen die Notenbanker ein BIP-Wachstum von 2,1 Prozent voraus.

DIW-Präsident Marcel Fratzscher bezeichnete die neuen Prognosen der EZB als „sehr optimistisch“: „Ihr liegen eine wohl zu optimistische Annahme für den Erfolg des Anleihenkaufprogramms zugrunde.“

Wenn die Notenbank am kommenden Montag die Geldschleusen öffnet, profitieren zwei Euro-Krisenländer zunächst nicht davon: Griechische Bonds und Anleihen aus Zypern können die Währungshüter zunächst nicht erwerben, weil in beiden Ländern die Überprüfung des laufenden Anpassungsprogramms noch nicht abgeschlossen sei, sagte Draghi.

Zudem hat die EZB beschlossen, aus einzelnen Ländern jeweils maximal 33 Prozent aller Anleihen zu erwerben. Der Anteil von Bonds aus Griechenland sei durch das frühere Kaufprogramm SMP aber bereits ausgeschöpft. Erst wenn Griechenland im Sommer auslaufende Bonds aus dem SMP-Programm zurückgekauft habe und die Überprüfung des Programms abgeschlossen sei, könne die EZB Anleihen erwerben, sagte Draghi. Für Carsten Brzeski, Chef-Ökonom der ING-DiBa, ist klar: „Die EZB hat ihre Haltung gegenüber Griechenland definitiv nicht gelockert.“

Draghi betonte, die EZB habe Griechenland bisher 100 Milliarden Euro geliehen. „Die Summe hat sich in den beiden letzten Monaten verdoppelt“, wies Europas oberster Währungshüter Kritik an der EZB zurück, sie unterstütze Athen nicht ausreichend.

„Die EZB ist die Zentralbank Griechenlands. Aber die EZB ist auch die Zentralbank aller anderen Eurostaaten“, betonte Draghi. Deshalb könne sie nicht noch mehr nachschießen, so lange Athen nicht die Abmachungen mit den Geldgebern erfülle. „Wir sind die Ersten, die hoffen, dass die Finanzierung der griechischen Wirtschaft bald wieder vollständig aufgenommen werden kann“, sagte Draghi.

Nach dem politischen Kurswechsel in Athen hatte die Notenbank zum 11. Februar die Annahme der Staatspapiere auf Eis gelegt. Zur Begründung hieß es seinerzeit: „Die Entscheidung des EZB-Rats beruht auf der Tatsache, dass derzeit nicht von einem erfolgreichen Abschluss der Überprüfung des Anpassungsprogramms ausgegangen werden kann.“

Seither sind die griechischen Banken auf Notfallkredite (ELA) der Zentralbank ihres Landes angewiesen. Weil Bankkunden ihre Konten räumen, muss immer wieder neues Geld nachgeschossen werden. Auch deshalb erhöhte die EZB den ELA-Rahmen am Donnerstag nochmals um 500 Millionen Euro auf 68,8 Milliarden Euro.

Den Leitzins im Euroraum ließ die EZB am Donnerstag wie erwartet auf dem Rekordtief von 0,05 Prozent.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort