Gerüchte um Griechenland schicken Euro auf Talfahrt

Brüssel/Athen (dpa) - Gerüchte um einen möglichen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone haben am Freitag den Kurs der Gemeinschaftswährung weiter auf Talfahrt geschickt.

Die EU-Kommission und Griechenland wiesen einen Bericht zurück, wonach das hochverschuldete Land die Abschaffung des Euro und eine Rückkehr zu einer eigenen Währung erwägt. „Spiegel Online“ hatte berichtet, Spitzenvertreter der Euro-Gruppe wollten am Freitagabend zu einem Krisentreffen in Luxemburg zusammenkommen, um über die angeblichen Pläne zu beraten. Nach dpa-Informationen war ein geheimes Treffen tatsächlich geplant. „Ich weiß davon nichts“, sagte jedoch ein Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn in Brüssel.

Die Devisenmärkte reagierten heftig auf den Bericht: Der Euro-Kurs sackte um mehr als einen Cent auf unter 1,44 Dollar ab und baute dadurch seine jüngsten Verluste im Vergleich zur US-Währung noch aus. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs gegen Mittag auf 1,4501 festgelegt, mehr als drei Cent weniger als am Donnerstag (1,4814 Dollar).

Die griechische Regierung überlege angesichts der Proteste der Bürger, den Euro aufzugeben, schreibt „Spiegel Online“ unter Berufung auf eigene Informationen, ohne weitere Details zu nennen. Aus Griechenland wurde der Bericht zurückgewiesen. Vize-Finanzminister Philippos Sachinidis sagte am Abend: „Das schadet Griechenland, es schadet dem Euro. Diese Gerüchte entspringen aus Spekulantenkreisen.“

„Es gibt kein Treffen in Luxemburg“, sagte auch der Sprecher des Vorsitzenden der Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker, am Freitag der dpa. „Das sind Gerüchte ohne Substanz.“

Dem Bericht zufolge standen neben einem möglichen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone auch die seit Wochen heftig debattierte mögliche Umschuldung des südeuropäischen Staates auf der Tagesordnung des Krisentreffens. Aus Deutschland teilnehmen sollten demnach Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen. Eine Stellungnahme der Bundesregierung lag am Abend zunächst nicht vor.

Griechenland erhält zur Abwendung einer Staatspleite Milliardenhilfen aus einem Rettungspaket von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) und muss dafür einen harten Sparkurs fahren. Dennoch fielen die Kurse der griechischen Staatsanleihen in den vergangenen Wochen immer tiefer, was die Debatte über eine Umschuldung als weiteres drastisches Mittel zur Lösung der Krise befeuerte.

In einer internen Vorlage von Schäubles Ministerium wird vor den Folgen eines möglichen Euro-Austritts gewarnt, schreibt „Spiegel Online“: „Die Währungsumstellung würde eine Kapitalflucht auslösen.“ Das Vertrauen in die Euro-Zone wäre erschüttert.

Unter Finanzexperten ist umstritten, ob ein Austritt im Alleingang überhaupt möglich wäre. Selbst wenn dies rechtlich und technisch durchführbar ist, gilt die Euro-Abschaffung als hochriskant - riskanter als eine Umschuldung, die Brancheneinschätzungen zufolge ebenfalls unüberschaubare Folgen etwa für die involvierten Banken haben könnte. Für Griechenland wäre eine im Vergleich zum Euro „günstige“ eigene Währung eine Möglichkeit, die Wirtschaft wieder wettbewerbsfähiger zu machen. In der Zeit vor der Einführung der Gemeinschaftswährung hatten einige Länder aus genau diesem Grund ihre Währungen bewusst von Zeit zu Zeit abgewertet.

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