IG-Metall-Vize stützt Merkel im Energie-Streit mit EU

Stuttgart (dpa) - Die Subventionen für deutsche Unternehmen beim Energiepreis sind nach Ansicht der IG Metall aus dem Ruder gelaufen. Nachvollziehbare Kriterien müssten her, meint Vize-Chef Jörg Hofmann.

Im Streit mit Brüssel um drohende Rückzahlungen stärkt er Kanzlerin Merkel den Rücken.

„Ich bin auf Frau Merkels Seite, wenn es darum geht, konkrete nachträgliche Auswirkungen für die Unternehmen zu verhindern“, sagte Hofmann der Nachrichtenagentur dpa in Stuttgart. Merkel besteht auf der weiteren Befreiung von der Ökostrom-Umlage für energieintensive Unternehmen, um den Industriestandort Deutschland und seine Arbeitsplätze zu schützen. „Milliardenschwere Rückstellungen würden viele große Unternehmen in den Ruin treiben“, warnte Hofmann.

Brüssel stellt derzeit die milliardenschweren Rabatte bei der Ökostrom-Förderung in Frage. Die EU-Kommission ist der Ansicht, dass die Nachlässe die deutsche Industrie bevorteilen und somit den Wettbewerb in Europa verzerren. Kommt sie bei ihrer etwa ein Jahr dauernden Prüfung zu dem Schluss, dass die Rabatte gegen EU-Recht verstoßen, müssten die Unternehmen die gewährten Vergünstigungen zurückzahlen.

Eine ganz andere Frage ist es aber nach Hofmanns Ansicht, wie sich das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) weiter entwickelt. „Die IG Metall hat da eine ganze Bandbreite von Interessen zu vertreten - von der Photovoltaik über die Off-Shore-Windenergie bis hin zur klassischen Stahl- und Aluminium-Industrie.“ Die Gewerkschaft habe schon vor zwei Jahren gefordert, Ausnahmen von der Umlage nur mit nachvollziehbaren Kriterien zuzulassen. „Alles andere ist nicht gerecht gegenüber den privaten Kunden, die ihre volle Stromrechnung zahlen müssen.“

Die Befreiung von 2700 Unternehmen im kommenden Jahr ist nach Hofmanns Überzeugung nicht begründbar. Er räumte aber ein, dass der Preis für Industriestrom in Deutschland leicht über dem westeuropäischen Niveau liege.

Eine Bedingung für Rabatte müsse sein, dass ein Unternehmen im internationalen Wettbewerb stehe, erläuterte er. „Eine regionale Privatbahn XY gehört sicher nicht dazu.“ Sinnvoll wäre eine Wiedereinführung der Schwellenwerte von jährlich 10 Gigawatt für die Mindestabnahmemenge von Strom und 15 Prozent Anteil der Energiekosten an der Bruttowertschöpfung, ab dem ein Unternehmen als energieintensiv gilt.

Er appellierte auch an den Gesetzgeber, die Einspeisung von industriell erzeugter Energie und Wärme in das öffentliche Netz zu erleichtern. Die Unternehmen suchten verstärkt nach eigenen Lösungen, wie das Beispiel der neuen Gasturbine im Daimler-Werk Sindelfingen zeige. „Wir brauchen aber ein stärkeres Miteinander von eigenerzeugter industrieller und öffentlicher Energie- und Wärmeerzeugung und -verbreitung.“ Bürokratische Hürden in den Kommunen müssten dazu abgebaut werden.

Im Erneuerbare-Energien-Gesetz werden für jede Kilowattstunde Strom aus Solar-, Wind- und Biomasseanlagen auf 20 Jahre garantierte Vergütungen festgelegt. Die Höhe ist abhängig vom Anschlussdatum. Die Differenz zwischen dem am Markt für den Strom erzielten Preis und der festen Vergütung bildet die EEG-(Ökostrom)-Umlage. Auch weil über die Umlage umfassende Industrierabatte zu zahlen sind, treibt dies die Strompreise. Wurden 2009 erst 5,27 Milliarden Euro über die Umlage auf die Strompreise aufgeschlagen, sind es nun 20,3 Milliarden Euro.

Davon tragen laut Branchenverband BDEW Haushalte 7,2 Milliarden, die Industrie 6,1 Milliarden Euro, der Rest entfällt auf öffentliche Einrichtungen, Handel, Verkehr und auf das Dienstleistungsgewerbe. 2014 wird der Umlagebetrag auf 23,5 Milliarden Euro steigen - je Kilowattstunde werden 6,24 Cent für Haushalte und kleine Unternehmen fällig. Unternehmen mit einem besonders hohen Verbrauch zahlen weit weniger, die Mindestumlage beträgt 0,05 Cent je Kilowattstunde. Die gesamten Nachlässen können 2014 rund fünf Milliarden Euro betragen.

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