In Athen kochen Emotionen hoch

Viele Griechen fühlen sich von den Geldgebern bevormundet.

Athen. In Griechenland kochen die Emotionen hoch. Die Sparzwänge lösen Wut und Verzweiflung aus. Ungerecht behandelt und erniedrigt fühlen sich viele von internationalen Finanzkontrolleuren und insbesondere vom Geldgeber Deutschland.

Deutsche, die schon seit langem in Griechenland leben, bemerken eine Verschlechterung der Stimmung gegen den „Oberlehrer“ aus Berlin. „Alles wisst ihr besser. Und wenn der andere am Boden liegt, dann könnt ihr gut auf ihn treten“, bekam eine Deutsche, die seit 32 Jahren im Land lebt, auf dem Athener Wochenmarkt von einem Gemüsehändler zu hören.

Anti-Deutsche-Parolen und Nazi-Vergleiche nehmen zu. Zielscheibe ist speziell die deutsche Kanzlerin. Die Boulevardzeitung „Dimokratia“ veröffentlichte ein Bild von Angela Merkel in Naziuniform und begleitete dies mit dem Titel „Memorandum (Absichtserklärung für das Sparprogramm) macht frei“ und stellte einen nationalsozialistischen Kontext her.

Diplomaten beider Seiten versuchen in Athen, die Wogen zu glätten. Noch seien die meisten Griechen und Deutschen nicht negativ auf den jeweils anderen zu sprechen, hieß es. Die Betonung liege aber auf „noch“, sagte einer.

Die politischen Führungen der beiden Staaten sollten, sobald die Finanzlage es erlaube, dringend die Lage entschärfen, so die Diplomaten. Ein Besuch auf höchster Ebene in Athen und klare Worte an das griechische Volk seien dringend notwendig, wenn das Sparprogramm unter Dach und Fach sei. Die Griechen bräuchten einen Hoffnungsschimmer, vor allem müssten auch endlich Investitionen kommen.

Besorgt zeigt sich vor allem die Tourismusbranche. Die Nazi-Vergleiche schreckten deutsche Urlauber ab, hieß es. „Für uns sind solche Veröffentlichungen Gift“, sagt Aililios Santis, Besitzer einer Pension in Athen. „Wir erwarten jedes Jahr 2,5 Millionen Deutsche. Das sind wichtige Einnahmen, in diesen Zeiten sehr wichtige“, sagt Hoteldirektor Christos Pilatakis aus Rhodos. „Es gibt Anzeichen, dass die Buchungen dieses Jahr um 30 Prozent zurückliegen“, sagte er. Auf Rhodos und den anderen Ferieninseln sei derartige Hetze unbekannt. „Für uns ist der Tourist der Chef, egal, wo er herkommt“, sagt Pilatakis.

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