In den Betrieben werden Lehrlinge zur Mangelware

2013 blieben 80.000 Stellen unbesetzt. Gründe: mangelnde Kenntnisse der Bewerber und Akademisierungstrend.

DIHK-Präsident Eric Schweitzer

DIHK-Präsident Eric Schweitzer

Foto: Hannibal Hanschke

Düsseldorf. Für die deutschen Unternehmen wird es immer schwieriger, geeignete Lehrlinge zu finden. Im vergangenen Jahr blieben im Bereich der Industrie- und Handelskammern (IHK) 80.000 Ausbildungsplätze unbesetzt, wie der Präsident des Dachverbandes DIHK, Eric Schweitzer, am Donnerstag sagte. Davon entfielen rund 8000 auf NRW.

Nach Angaben der IHK in NRW lag die Zahl der unbesetzten Lehrstellen bis Ende Juli dieses Jahres bei rund 29 000 — das waren 9,5 Prozent mehr als 2013. Auch Handwerksbetriebe insbesondere entlang der Rheinschiene suchen immer händeringender nach Lehrlingen. Laut Westdeutschem Handwerkskammertag betrifft dies mittlerweile alle Berufsfelder. Die Kehrseite: Die Chance auf einen Ausbildungsplatz ist so gut wie nie.

Gründe für den Lehrlingsmangel sind neben dem demografischen Faktor — also der zurückgehenden Zahl der Schulabgänger — eine mangelnde Ausbildungsreife, wie Schweitzer beklagte. Die Unzufriedenheit der Betriebe über nicht ausreichende Mathe- und Deutschkenntnisse steige deutlich.

Fachliche Mängel könnten dabei durch Nachhilfe im Betrieb oftmals aufgefangen werden. Bei Defiziten wie Disziplin, Belastbarkeit und Leistungsbereitschaft sei dies kaum möglich. 45 Prozent der Unternehmen berichteten von zu geringer Disziplin. Am häufigsten jedoch würden Mängel bei der Leistungsbereitschaft von 54 Prozent der Betriebe genannt, gefolgt von Belastbarkeit mit 46 Prozent.

Andreas Oehme, Geschäftsführer beim Westdeutschen Handwerkskammertag, beklagt zudem eine zunehmende Akademisierung. In der Gesellschaft gebe es die Tendenz, dass jeder Schüler Abitur haben und anschließend studieren müsse, sagte Oehme unserer Zeitung. Hier müsse es einen „Wandel in den Köpfen“ geben durch eine gesellschaftspolitische Debatte. Es fehle heute vielfach das Bewusstsein über die Wertigkeit eines Handwerksberufs, dessen Attraktivität sowie die Karrierechancen. So suchten viele Betriebe Nachfolger.

Laut DIHK setzt inzwischen fast jeder zehnte Betrieb bei der Azubi-Suche auf materielle oder finanzielle Anreize — etwa Zuschüsse zum Führerschein. Manche Betriebe böten sogar ein Smartphone oder einen Dienstwagen. Red/wib

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