Madrid führt „Bad Banks“ ein

Madrid (dpa) - Zur Sanierung seines kriselnden Finanzsystems führt das Euro-Sorgenkind Spanien „Bad Banks“ ein. Diese Institute sollen die Tausenden von Wohnungen übernehmen und auf den Markt bringen, die den Banken infolge von Kreditausfällen übertragen worden waren.

Die spanische Regierung beschloss am Freitag, dass alle Geldinstitute des Landes dazu verpflichtet werden, solche Auffanggesellschaften zu gründen.

Die Bankenreform sieht außerdem vor, dass die Banken künftig auch ihre als unproblematisch geltenden Kredite mit höheren Rücklagen absichern müssen als bisher. Wirtschaftsminister Luis de Guindos äußerte die Erwartung, dass die Geldinstitute aufgrund der Reform voraussichtlich zusätzliche Mittel in Höhe von 30 Milliarden Euro benötigen werden.

An den Finanzmärkten wurden die Pläne negativ aufgenommen. Während spanische Staatsanleihen vor allem in den kurzen Laufzeiten unter Druck gerieten, erhielten sichere Anlagen wie deutsche Staatspapiere Zulauf. Auch der Euro gab nach. An der Madrider Börse sanken die Aktienkurse der Banken.

Die Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy hatte den Geldhäusern in einer vorigen Bankreform im Februar bereits aufgetragen, zur Absicherung unsicherer Kredite Rücklagen in Höhe von 54 Milliarden Euro zu schaffen. Der Minister räumte ein, dass einige Banken aufgrund der neuen Anforderungen die zusätzlichen Gelder nicht aus eigenen Mittel aufbringen könnten. Die betreffenden Unternehmen könnten aber Gelder aus dem staatlichen Bankenrettungsfonds in Anspruch nehmen. Allerdings werde der Staat dafür Zinsen in Höhe von etwa zehn Prozent erheben. „Von einer Hilfe für die Banken mit Steuergeldern kann daher keine Rede sein“, betonte de Guindos.

Die geplanten Gesellschaften sollen nicht als Geldinstitute geführt werden, sondern sich allein mit der Vermarktung und Abwicklung von Immobilienbesitz befassen. Daher lehnt die spanische Regierung die Bezeichnung „Bad Banks“ auch ab. Madrid war ursprünglich gegen dieses Modell gewesen, änderte dann aber seine Haltung. De Guindos trat kürzlich dafür ein, dass die Gründung solcher Gesellschaften freiwillig sein sollte. Die jüngste Zuspitzung der Bankenkrise bewegte Madrid aber offensichtlich dazu, die Schaffung obligatorisch zu machen.

Dies dürfte auch der größte Unterschied zum „Bad-Banks“-Modell in Deutschland sein. Dort hatte man 2009 unter dem Eindruck des Lehman-Crashs die Möglichkeit zur Gründung von „schlechten Banken“ geschaffen. Die Düsseldorfer WestLB lagerte wenig später Papiere von 77 Milliarden Euro in die Erste Abwicklungsanstalt (EAA) aus. Die Münchner Hypo Real Estate übertrug im Oktober 2010 Risikopapiere im Wert vom 173 Milliarden Euro an die FMS Wertmanagement.

In Spanien leiden die Banken unter dem Zusammenbruch des Baubooms vor vier Jahren. In ihren Bilanzen lagern unzählige „faule Kredite“, die sie für den Wohnungsbau gewährt hatten und die nicht zurückgezahlt werden können. Nach Angaben der Regierung beläuft sich das Gesamtvolumen der Immobilienkredite in Spanien auf etwa 320 Milliarden Euro. Davon gelten 180 Milliarden als problematisch.

Die Regierung kündigte an, zwei unabhängigen Instituten den Auftrag zu erteilen, detaillierte Gutachten über die faulen Krediten in den Bilanzen der spanischen Banken zu erstellen. Damit kam Madrid einer Forderung von EU-Partnern nach.

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