Notenbanken stemmen sich gegen wachsenden Druck

Berlin/Rom/Athen (dpa) - Der Streit über die richtigen Instrumente im Kampf gegen die Euro-Krise verschärft sich. Die Europäische Zentralbank (EZB) stemmt sich mit aller Kraft dagegen, die Schuldenberge in einzelnen Euro-Staaten mit Hilfe der Notenpresse abzubauen.

Rückendeckung bekommt die Notenbank von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), Spanien hingegen macht kurz vor der Parlamentswahl an diesem Sonntag weiter Druck.

Zwischen Deutschland und Großbritannien gibt es weiter Differenzen über die Einführung einer Finanztransaktionssteuer in Europa. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der britische Premierminister David Cameron demonstrieren am Freitag bei einem Treffen in Berlin trotzdem Eintracht: Bis zum EU-Gipfel Anfang Dezember wollen Berlin und London einen gemeinsamen Kurs in der Schuldenkrise suchen. London lehnt eine Finanztransaktionssteuer strikt ab, weil es Nachteile für seine Finanzindustrie befürchtet.

Merkel bekräftigte zugleich ihre Forderung nach begrenzten Änderungen der EU-Verträge. So soll die Einhaltung der Euro-Stabilitätsregeln strenger überwacht werden. In London gab es bisher erhebliche Vorbehalte gegen eine Änderung der EU-Verträge. Cameron deutete nun Gesprächsbereitschaft an: Für die Eurozone müssten so etwas wie fiskalische Regeln eingeführt werden, damit man nicht noch einmal eine derartige Schuldenkrise erlebe, sagte er.

Die britische Regierung hat die 17 Euro-Länder zuletzt mehrfach gedrängt, die Krise in den Griff zu bekommen. Der luxemburgische Ministerpräsident und Chef der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker, wandte sich gegen Vorgaben aus London. „Ich bin für Dialog. Ich bin gegen ein Diktat von denen, die es weniger gut machen als wir“, sagte Juncker der Deutschen Welle.

Die EZB verlangte von der Politik mehr Tempo bei der Euro-Rettung. Vor allem der Euro-Rettungsschirm EFSF müsse endlich in seiner verbesserten und gestärkten Form umgesetzt werden, mahnte EZB-Präsident Mario Draghi in Frankfurt. „Wir sollten damit nicht länger warten.“ Die Euro-Länder hatten sich Ende Oktober unter anderem darauf verständigt, den EFSF deutlich zu erweitern.

Draghi warnte die Europäer zugleich, Glaubwürdigkeit zu verspielen: „Glaubwürdigkeit kann man schnell verlieren - und die Geschichte zeigt, dass ihre Wiederherstellung hohe wirtschaftliche und soziale Kosten verursacht.“ Nachdem mit Italien Europas drittgrößte Volkswirtschaft in den Sog der Krise geriet, wird fast täglich nach neuen Notfalleinsätzen der EZB gerufen. Unter anderem Frankreich und Spanien setzen die Notenbank unter Druck.

Manche Ökonomen und Politiker meinen, nur die EZB könne die Märkte dauerhaft beruhigen, indem sie quasi unbegrenzt Staatsanleihen der Schuldenstaaten kaufe. „Es kann nicht sein, dass am Ende die Notenbank die Aufgabe übernimmt“, mahnte Schäuble. Die Rolle der EZB sei in den europäischen Verträgen ausdrücklich anders geregelt. Demnach ist die Notenbank allein Hüterin einer stabilen Gemeinschaftswährung.

Spaniens konservativer Oppositionsführer Mariano Rajoy hofft darauf, dass der erwartete Machtwechsel in Madrid die Finanzmärkte beruhigt. Rajoy, der die Parlamentswahl an diesem Sonntag allen Umfrage zufolge gewinnen dürfte, kündigte an, in diesem Fall eine klare Botschaft an die Finanzmärkte senden: „Spanien will den Euro erhalten, der Teil eines nicht umkehrbaren politischen Projekts ist.“

Die Finanzmärkte hatten Italien und Spanien zuletzt kräftig unter Druck gesetzt. Am Donnerstag stiegen die Zinsen für zehnjährige spanische Staatsanleihen auf sieben Prozent. Der sozialistische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero hatte daraufhin eine Intervention der EZB gefordert. Am Freitag entspannte sich die Lage am europäischen Anleihemarkt.

In Italien und Griechenland wurden am Freitag wichtige Weichen gestellt. Die neue römische Regierung unter Ministerpräsident Mario Monti erhielt die entscheidende Rückendeckung des Parlaments für ihr Spar- und Sanierungsprogramm. Nach dem Senat sprach auch die Abgeordnetenkammer dem parteilosen früheren EU-Kommissar mit überragender Mehrheit das Vertrauen aus.

Die griechische Regierung stellte im Athener Parlament ihren Haushaltsentwurf 2012 vor. Sollte es zu dem geplanten Schuldenschnitt kommen, will Athen erstmals seit Jahrzehnten keine neuen Schulden mehr machen. Finanzminister Evangelos Venizelos sprach von einem „nationalen Neubeginn“.

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