Pleite der Deutschen Bank könnte Schockwellen auslösen

Basel/Frankfurt/Main (dpa) - Aufseher halten einen theoretisch möglichen Zusammenbruch der Deutschen Bank für brandgefährlich für die Weltwirtschaft. Der deutsche Branchenprimus steht ganz oben auf einer Liste von 28 Instituten, deren Pleite weltweit unkalkulierbare Schockwellen für das Finanzsystem auslösen könnte.

Der internationale Finanzstabilitätsrat (Financial Stability Board/FSB) aktualisierte die Liste der systemrelevanten Institute im Auftrag der wichtigsten Wirtschaftsnationen (G20). In Deutschland stuft die Finanzaufsicht Bafin derzeit mindestens 15 Banken als national systemrelevant ein. Im Moment seien es sogar deutlich mehr, sagte Aufseher Raimund Röseler am Freitag in Bonn. Namen von Instituten wollte er nicht nennen. Bis Ende 2013 müssen diese Häuser einen Sanierungsplan für eine mögliche Krise erstellen. Solche „Testamente“ hatten in diesem Juli schon neun Großbanken auf Anweisung der US-Behörden ausgearbeitet, darunter die Deutsche Bank.

Das gemeinsame Ziel der Aufseher: Zu verhindern, dass noch einmal der Zusammenbruch einer Großbank die Welt in die Krise stürzt - wie im Herbst 2008 die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers. Eine konkrete Bedrohung der Deutschen Bank wird nicht gesehen. Ebenfalls in die oberste Gruppe stuft der FSB die US-Großbanken JPMorgan und Citigroup sowie die britische HSBC ein. Wichtigste Kriterien für Systemrelevanz sind Größe und Vernetzung in der Finanzwelt.

Die seit der Finanzkrise kräftig geschrumpfte Commerzbank zählt nach den am Donnerstag veröffentlichten FSB-Daten nicht mehr zu den Instituten, die global als „too big to fail“ gelten - also als so groß, dass ihre Pleite das System gefährden würde. Damit bleibt die deutsche Nummer zwei von zusätzlichen Kapitalanforderungen verschont.

Für die Deutsche Bank dagegen bedeutet die Einstufung: Sie muss künftig deutlich mehr Eigenkapital als Krisenpuffer aufbauen als etliche internationale Konkurrenten. Aber Eigenkapital ist teuer und drückt die Gewinne. Die Aufsichtsbehörden wollen erreichen, dass Institute Risiken abbauen und Bilanzen schrumpfen.

Grundsätzlich müssen alle Banken bis 2019 nach bisherigen Plänen 7 Prozent hartes Eigenkapital auf ihre Risikopositionen aufbauen. Gilt ein Institut als systemrelevant, kommen Aufschläge hinzu. Die Deutsche Bank als mit am höchsten eingestuftes Institut soll ab 2016 zusätzlich 2,5 Prozent Eigenkapital beschaffen.

Anders als bislang benannte der Finanzstabilitätsrat die systemrelevanten Banken nicht mehr pauschal, sondern bildete verschiedene Risikogruppen. In die höchste derzeit besetzte Kategorie stufte das Gremium Universalbanken ein, also Institute mit starkem Investmentbanking und zugleich großem Privatkundengeschäft. Dagegen landeten Häuser, die praktisch reine Investmentbanken sind wie Goldman Sachs und Morgan Stanley, ebenso in der zweitniedrigsten der fünf Kategorien wie die Schweizer Großbanken Credit Suisse und UBS. Von ihnen wird damit nur 1,5 Prozent mehr Kapital gefordert.

Bei den FSB-Einschätzungen handelt es sich um Vorschläge. Das Gremium war 2009 von den G20 gegründet worden, um Notenbanker, Aufseher und Regierungsvertreter der Länder zusammenzubringen. Die Umsetzung der Vorschläge in konkrete Regeln ist Sache der nationalen Gesetzgeber. Unklar sind insbesondere die genauen Kapitalregeln.

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