Ratingagenturen setzen USA unter Druck

New York/London (dpa) - Die beiden führenden Ratingagenturen fordern die USA zum weiteren Schuldenabbau auf - sonst droht der weltgrößten Volkswirtschaft die Abstufung ihrer Kreditwürdigkeit.

Moody's und Standard & Poor's kritisierten den US-Haushaltskompromiss als nicht ausreichend, im Kampf gegen das gewaltige Haushaltsdefizit müsse mehr getan werden. Die USA haben nach Aussagen der Regierung bereits zum Jahresende die gesetzlich festgelegte Obergrenze des gewaltigen Schuldenbergs von 16,4 Billionen Dollar (12,4 Billionen Euro) erreicht.

Die US-Agentur Moody's forderte weitere Maßnahmen zur Reduzierung des Defizits in den kommenden Monaten, sonst drohe der Entzug des Topratings. In einer Mitteilung vom späten Mittwochabend warnte die Agentur die USA: Sollte es keine weiteren Anstrengungen zur Reduzierung des Haushaltsdefizits geben, „könnte dies die Kreditbewertung negativ beeinflussen“.

Bei Moody's wird die Kreditwürdigkeit der Vereinigten Staaten derzeit noch mit der Bestnote „Triple A“ bewertet. Allerdings ist der Ausblick für das Rating „negativ“. Nur wenn neue Schritte erfolgen, könne dieser wieder auf „stabil“ angehoben werden, hieß es.

Bei Standard & Poor's haben die USA das Toprating bereits verloren. Der Ausblick ist ebenfalls negativ, so dass eine weitere Abstufung möglich ist. Zum Vergleich: Deutschand wird von den führenden drei Agenturen einschließlich Fitch mit der Bestnote bewertet.

Ein schlechteres Rating kann die Aufnahme von frischem Geld am Kredit- und Kapitalmarkt verteuern oder erschweren. Zu den Ausnahmen zählen bislang die USA, die keine Probleme haben, ihre Anleihen am Kapitalmarkt abzusetzen. Denn auf der Suche nach sicheren Häfen für ihr Geld haben internationale Anleger angesichts der niedrigen Zinsen immer weniger Alternativen. Deshalb greifen sie nach den Schuldpapieren der weltgrößten Volkswirtschaft, die mit dem Dollar zudem über die Weltreservewährung verfügt.

Die Ratingexperten von Moody's honorierten zwar die Einigung zwischen Demokraten und Republikanern auf moderate Steuererhöhungen als einen weiteren Schritt zur Eindämmung des Haushaltsdefizits. Wenn die USA ihre Topnote behalten wollten, müsse aber mittelfristig ein Abwärtstrend bei der Staatsverschuldung erkennbar sein.

Auch nach Einschätzung von Standard & Poors änderte der Kompromiss im US-Haushaltsstreit nur wenig am unbefriedigenden Zustand der öffentlichen Finanzen Amerikas. Der politische Prozess sei nach wie vor durch eine geringere Stabilität, Effektivität und Vorhersehbarkeit gekennzeichnet, kritisierte S&P. Anders als Moody's hatte S&P den USA bereits im Sommer 2011 die Bestnote entzogen und die Kreditwürdigkeit auf die zweitbeste Note „AA+“ zurückgestuft.

Positiv vermerkte S&P aber, dass das Risiko einer Rezession in den USA infolge des Kompromisses im Haushaltsstreit verringert worden sei. Für 2013 rechnet die Agentur mit einem gesamtwirtschaftlichen Wachstum von 2,2 Prozent, 2014 wird ein Zuwachs beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 2,7 Prozent erwartet.

Zugleich warnte S&P vor großen Herausforderungen auf der Ausgabenseite. Damit wird auf die anstehenden Verhandlungen in Washington über Ausgabenkürzungen angespielt, die zeitlich mit der erforderlichen Erhöhung der Schuldenobergrenze zusammenfallen. Die Republikaner haben bereits angekündigt, die Schuldengrenze von derzeit 16,4 Billionen Dollar nur dann erhöhen zu wollen, falls die Regierung staatlichen Ausgabenkürzungen zustimmt. „Letztlich liegt noch viel Arbeit vor den Abgeordneten“, resümiert S&P.

Auch Ökonomen fordern die USA zum nachhaltigen Schuldenabbau auf. Für den Präsidenten des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel, Dennis Snower, ist der Kompromiss im US-Haushaltsstreit nur ein erneuter Beleg politischer Kurzatmigkeit. Es fehle an einem langfristigen Fiskalplan in den USA, um die Verschuldung abzubauen und die Wirtschaft anzukurbeln, sagte Snower in einem dpa-Gespräch. „Und die Weltkonjunktur wird in Zukunft weiter unter Druck geraten, wenn in den USA nicht ein grundlegendes politisches Umdenken gelingt“, warnte der amerikanische Wissenschaftler.

Nach Ansicht Snowers wäre langfristig eine Verschuldungsobergrenze der USA von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts sinnvoll. Denn zurzeit beträgt die Quote der Staatsschulden über 100 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, Tendenz steigend - damit sind die USA in der Liga von Italien und Japan. In zwanzig Jahren könnte in gleichmäßigen Schritten die Zielmarke erreicht werden.

Allgemein wird von Experten erwartet, dass die Ratingagenturen bis Ende Februar keine Kreditbewertung der USA vornehmen und die Entscheidung zur Schuldenobergrenze abwarten.

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