Schafft die EZB die Zinsen ab?

Die Währungshüter kämpfen gegen die niedrige Inflation — und greifen wohl zu ungewöhnlichen Mitteln.

Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank

Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank

Foto: RALPH ORLOWSKI

Frankfurt. Die Europäische Zentralbank (EZB) steht aller Voraussicht nach vor einem historischen Schritt: Am Mittwoch dürfte sie die Zinsen im Euroraum quasi abschaffen. Zudem gilt es als sicher, dass die Währungshüter Strafzinsen für Banken erheben, die Geld bei der Notenbank parken.

EZB-Präsident Mario Draghi warnt seit Monaten vor den Gefahren der Mini-Inflation für die Konjunktur im Euroraum. Eine Deflation — also eine Spirale sinkender Preise durch alle Warengruppen — sieht er zwar nicht. Bei einer Deflation kaufen Verbraucher in Erwartung weiter sinkender Preise nicht mehr ein, Unternehmen stellen Investitionen zurück. Doch Draghi betont: Die Gefahren nehmen zu, je länger die Inflation niedrig bleibt. Eine Zinssenkung könnte dieses Risiko verkleinern, denn tendenziell verbilligen niedrige Zinsen Kredite und Investitionen und kurbeln so die Wirtschaft an. Das stärkt normalerweise den Preisauftrieb.

Bisher haben sich die Hoffnungen auf eine Rückkehr der Inflation in Richtung der EZB-Zielmarke von knapp unter zwei Prozent zerschlagen. Im Mai ging die Rate im Euroraum sogar auf 0,5 Prozent zurück. Selbst in Deutschland, wo der Konjunkturmotor brummt und Löhne steigen, sank die Teuerung im Mai auf 0,6 Prozent.

Niedrige Zinsen werden meist relativ schnell an Kunden weitergereicht. Da Sparer ohnehin unter den Mini-Zinsen auf Sparbuch oder Tagesgeldkonto leiden, gibt es aus Deutschland viel Kritik. „Niedrigzinsen enteignen Sparer und reißen Lücken in die Altersvorsorge künftiger Rentner“, wettern Sparkassen, Volksbanken und Versicherer.

Wie Unternehmen auch profitieren sie von günstigen Kreditzinsen — wenn die Banken die Senkung weiterreichen. Prinzipiell ist billiges Geld gut für alle Schuldner. Und: Das billige Geld hat die Börsen weltweit auf Rekordkurs geführt. Als Aktionäre haben auch Verbraucher bisher daran verdient.

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