Selbstbedienung bei Brötchen

Lebensmittel: Seit nunmehr zehn Jahren gibt es Discount-Bäcker. Inzwischen drängen immer mehr Anbieter auf diesen Markt.

Hamburg. Sie heißen Back-Factory, Back-Werk, Baking Friends oder Mr. Baker. Man findet sie in Städten mit mindestens 40 000 Einwohnern an den belebtesten Einkaufsstraßen in der City. Vor knapp zehn Jahren öffnete die erste Selbstbedienungs-Bäckerei in Deutschland ihre Türen. Keine freundliche Verkäuferin fragt den Kunden nach seinen Wünschen, sondern er sucht sich selbst Brot und Brötchen, Kuchen und Croissants aus den Auslagen zusammen, geht zur Kasse und bezahlt. Vorteil für den Kunden: Die Produkte sind um ein Drittel günstiger als in der Bäckerei ein paar Türen weiter, manchmal auch mehr.

"Unser Vorbild ist Aldi", gibt Peter Gabler, Geschäftsführer der zweitgrößten SB-Bäckereikette Back-Factory, zu. Um niedrige Preise zu erreichen, wird die Auswahl auf die gängigsten Produkte konzentriert. Back-Factory ist eine Tochtergesellschaft der Großbäckerei Harry Brot und bekommt von ihr, aber auch von anderen Lieferanten, halbfertige Produkte. Die SB-Bäckereien werden in zwei bis drei Schichten besetzt; ein Mitarbeiter sitzt an der Kasse, zwei weitere backen und füllen die Regale. So hat jede Filiale mehr als zehn Mitarbeiter; insgesamt sind es bei Back-Factory 1500 in 123 Filialen.

Um schwarze Zahlen zu schreiben, muss eine SB-Bäckerei den dreifachen Umsatz einer traditionellen Bäckerei erreichen. "In unsere Filialen kommen täglich 1000 bis 8000 Kunden, je nach Standort", sagt Gabler. Das treibt den Durchschnittsumsatz auf 640 000 Euro pro Jahr. Der Marktführer Back-Werk aus Essen liegt darunter, hat aber doppelt so viele Filialen. Beide Konkurrenten setzen bei ihrer Expansion stark auf Franchise-Modelle und statten selbstständige Kaufleute gegen Gebühr mit Know-how und einem Netzwerk aus.

"Unser Vorteil liegt darin, dass wir nicht zu einem Brotkonzern gehören, sondern von allen Anbietern die jeweils besten Produkte auswählen können", sagt Back-Werk-Geschäftsführer Dirk Schneider. Anders als die Konkurrenten expandiert Marktführer Back-Werk auch ins Ausland und will auf eine "kritische Masse" von mindestens 500 Filialen kommen.

Die Expansionsmöglichkeiten von SB-Bäckereien sind jedoch begrenzt; ihr Anteil am Umsatz mit Backwaren in Deutschland liegt bei zwei Prozent. Rund 2000 Standorte, schätzt Schneider, kommen in Deutschland überhaupt in Betracht, die Hälfte davon ist besetzt. Die erste Gründungseuphorie ist verflogen. Back-Factory konzentriert sich darauf, die eigenen Filialen aufzuwerten und mit Kaffeemaschinen und Sitzgelegenheiten auszustatten. Damit tritt sie in Konkurrenz zu Coffee-Shops.

Bei den traditionellen Bäckereien sieht man die Entwicklung gelassen. "Das verschärft die Konkurrenz und führt zu Preisdruck", sagt Hauptgeschäftsführer Amin Werner vom Zentralverband des Bäckerhandwerks. "Aber unser Hauptkonkurrent ist eher der Lebensmittel-Einzelhandel." Denn bei Edeka oder Rewe kann man schon lange frische Brötchen kaufen. Und Aldi, Lidl und Co greifen auf diesem Markt ebenfalls an. Aldi Süd will schrittweise mehr als 1780 Filialen in Süd- und Westdeutschland mit "Backöfen" ausrüsten.

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