Überwachung: Chefs bespitzeln Mitarbeiter

Nach Lidl sollen jetzt auch andere Discounter ihre Mitarbeiter kontrolliert haben.

Düsseldorf. Die heimliche Videoüberwachung von Mitarbeitern bei Lidl, die der führende Lebensmittel-Händler bereits zugegeben und inzwischen abgestellt hat, ist kein Einzelfall.

Nach Informationen des Magazins "stern", das auch den Lidl-Fall öffentlich gemacht hatte, setzen die Chefs weiterer Discounter wie Penny, Plus, Netto und Norma systematisch versteckte Kameras und Detektive ein, um ihre Beschäftigten zu kontrollieren. Auch andere Supermarktketten wie Rewe oder Edeka ließen ihr Personal bespitzeln und die Beobachtungen schriftlich festhalten, so der "stern".

Dem Hamburger Magazin liegen Protokolle aus 150 Einzelhandelsfilialen von Firmen aus ganz Deutschland vor. Die ältesten Unterlagen stammen aus dem Jahr 2003, die jüngsten vom Dezember 2007. Sie zeigten, dass die Detektive permanent gegen Gesetze verstoßen haben.

Das heimliche Ausspähen von Beschäftigten ist nur bei begründetem Verdacht einer Straftat erlaubt. Und das auch nur dann, wenn es kein anderes Mittel gibt, Sachverhalte wie etwa vermuteten Diebstahl aufzuklären.

Die Konzerne leugnen inzwischen die Überwachung in den meisten Fällen nicht mehr. So räumte gestern die Handelsgruppe Rewe ein, Mitarbeiter in Filialen von Penny und Rewe durch Detektive beobachten zu lassen. Dabei seien Detekteien, die zur Bekämpfung des Ladendiebstahls engagiert worden waren, auch in den Jahren 2003 bis 2005 in die Privatsphäre von Mitarbeitern vorgedrungen, sagte Rewe-Sprecher Wolfram Schmuck.

Es seien auch Protokolle über sehr private Äußerungen von Mitarbeitern angefertigt worden. Inzwischen gebe es eine Arbeitsgruppe, die diese Vorgänge durchleuchtet. Die Überwachung sei aber nicht von der Zentrale in Köln aus gesteuert worden. Auch der Handelsverband HDE vermutet, dass die Detekteien eigenmächtig bespitzelt haben.

Der "stern" zitiert aus den Protokollen Sätze wie: "Frau M. ist sehr langsam" oder "Herr N. ist starker Raucher". Aber auch ganz private Angaben wie "Herr U. hat Probleme mit seiner albanischen Ehefrau" oder "Frau K. und ihre Kinder sind zerstritten".

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