Warum die GDL streiken will

Es geht um einen Flächentarifvertrag für alle Lokführer. Die Verhandlungsposition ist jedoch kompliziert.

Frankfurt. Die Gewerkschaft der Lokführer GDL lässt die Muskeln spielen: Der deutsche Schienenverkehr wird von dieser Woche an flächendeckend bestreikt. Insgesamt stimmten mehr als 92 Prozent der Befragten bei der Deutschen Bahn und 96 Prozent der GDL-Mitglieder bei den Konkurrenten für einen Arbeitskampf, teilte die Gewerkschaft in Frankfurt mit. Die Wahlbeteiligung lag demnach bei 81 Prozent.

Die zentrale Forderung der GDL ist ein Flächentarifvertrag für alle 26.000 Lokführer in Deutschland, egal, ob sie bei der Deutschen Bahn (DB) oder bei Privatbahnen arbeiten. Diese Vereinbarung soll für Lokführer im Fern-, Nah- und Güterverkehr gelten. In einem Flächentarifvertrag soll ein Entgelt festgeschrieben werden, das bei 105 Prozent des Niveaus der Deutschen Bahn liegt. Die teils bis zu 30 Prozent niedrigeren Entgelte bei Privatbahnen sollen stufenweise angeglichen werden.

Die Deutsche Bahn hat die GDL aufgefordert, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Man habe auf Grundlage der GDL-Forderungen einen Entwurf für einen Lokführer-Rahmentarifvertrag vorgelegt, der alle geforderten Kernelemente enthalte.

Die privaten Betreiber fürchten höhere Kosten durch Löhne, die auf dem Niveau der Deutschen Bahn liegen. Mittelständische Unternehmen könnten sich die Entgelte des Marktführers nicht leisten, sagen die Privatbahnen. Erschwert wird die Situation dadurch, dass die GDL künftig wieder mit jedem Wettbewerber der Deutschen Bahn einzeln über Tarifverträge verhandeln muss.

Die in einer Verhandlungsgruppe zusammengeschlossenen Privatbahnen Abellio, Arriva, Benex, HLB, Keolis und Veolia (G-6) haben ihr gemeinsames Verhandlungsmandat mit der GDL beendet. Als Grund für den Rückzug nennen die Privaten die Weigerung der GDL, sich auf eine Schlichtung einzulassen. Ein „Tarifdiktat“ der Gewerkschaft sei nicht hinzunehmen, hieß es.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag warnt vor schweren Folgen für die deutsche Wirtschaft. Streiks im Schienengüterverkehr könnten bereits nach wenigen Tagen zu Produktionsstörungen führen. Eine Verlagerung der Transporte auf die Straße oder das Binnenschiff sei kurzfristig oft nicht möglich.

Der Fahrgastverband Pro Bahn hat die GDL dazu aufgefordert, „andere Formen des Streiks“ zu nutzen. Der Streik sollte vor allem die Bahnunternehmen treffen und nicht in erster Linie die Fahrgäste, sagte Verbandschef Karl-Peter Naumann. Man könne die Kunden nicht als „Geiseln“ nehmen.

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