Weichen für Wechsel an der Spitze der Eurogruppe gestellt

Brüssel/Luxemburg (dpa) - Die Weichen für den Führungswechsel an der Spitze der Eurogruppe sind gestellt. Jean-Claude Juncker lehnte einen neuen Zeitplan für seine Nachfolge ab - ungeachtet neuer Bedenken aus Paris.

Und der potenzielle Nachfolger, der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem, gab offiziell seine Kandidatur bekannt.

„Ich habe deutlich gemacht, dass ich gerne Ende Januar zurücktreten würde, und an diesen Fahrplan, der allen bekannt ist, werde ich mich auch halten“, sagte der luxemburgische Premier- und Schatzminister der Nachrichtenagentur dpa in Brüssel. Die Frage neuer Milliardenhilfen für Spanien ist nach Einschätzung Junckers erst einmal erledigt. Bis März offen bleibt nach seiner Prognose ein Hilfspaket für den finanziell angeschlagenen Inselstaates Zypern.

Frankreichs Finanzminister Pierre Moscovici macht sich dafür stark, die Juncker-Nachfolge erst im Februar zu entscheiden, wie er in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Donnerstag) erkennen ließ. Nach bisheriger Planung soll der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem künftig die Euro-Kassenhüter leiten.

Dijsselbloem will seine Kandidatur am Freitag bei Juncker einreichen, wie er vor dem niederländischen Parlament in Den Haag ankündigte. Der Niederländer wird bereits seit Dezember als aussichtsreicher Kandidat genannt, hatte allerdings seine Bereitschaft dazu bisher noch nicht ausdrücklich bestätigt. Der Wechsel soll laut Diplomaten am kommenden Montag in Brüssel besiegelt werden.

Juncker führt die Eurogruppe seit 2005. Der dienstälteste EU-Regierungschef wies den Einwand Moscovicis zurück, es gebe bisher noch kein offizielles Bewerbungsverfahren für seinen Nachfolger. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy habe in den vergangenen Wochen „einige, wenn nicht alle Regierungschefs konsultiert“. Juncker sagte, er habe vor zwei Tagen mit Briefen an die Ressortchefs ein Verfahren zum Ernennen von Kandidaten eingeleitet. „Insofern denke ich, dass die Ernennungsprozedur korrekt verläuft.“

Spanien wird nach Junckers Worten nach den Milliardenhilfen für den Bankensektor des Landes kein weiteres Hilfsprogramm für den Staat beantragen. „Ich halte auch alle Spekulationen in dieser Frage für überflüssig, wenn nicht schädlich“, sagte er und wies auf ein Interview des spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy hin. Danach sieht Rajoy derzeit keinen Grund für einen Hilfsantrag an den Euro-Rettungsschirm ESM. Madrid hat derzeit gute Karten, weil die Renditen für Staatsanleihen sinken.

In der Debatte um dem Sparkurs in der Eurozone sagte Juncker: „Konsolidierungspolitik ist optionslos wichtig, aber Wachstumsimpulse, die von einzelnen Teilen der Eurozone ausgehen, sind ebenso wünschenswert.“ Mit Blick auf die Äußerung Rajoys in der „Financial Times“ (vom Mittwoch), wonach starke Länder wie Deutschland Maßnahmen zur Stützung des Wirtschaftswachstums ergreifen sollten, sagte Juncker: „Ich wehre mich aber dagegen, nur Deutschland in den Fokus zu stellen, als ob Deutschland am Ursprung aller Schwierigkeiten stünde, die es in der Eurozone gibt, das ist absolut nicht der Fall.“

Das 2012 beantragte Hilfspaket für den finanziell angeschlagenen Inselstaates Zypern kann nach Junckers Prognose erst im März gepackt werden. Juncker hatte ursprünglich eine Einigung im Januar angestrebt. Sonderbedingungen für Zypern werde es nicht geben, diese Debatte werde auch gar nicht geführt. Nikosia braucht insbesondere wegen wackeliger Banken geschätzte 17,5 Milliarden Euro Finanzhilfe, um eine drohende Staatspleite abzuwenden. Zu Geldwäsche-Vorwürfen gegen Zypern sagte Juncker: „Wir werden uns diesen Sachfragen nähern müssen.“ Die Zyprer müssten eine „adäquate Gesetzgebung in Sachen Weißwaschen von Geldern“ haben und diese auch verankern.

In der Debatte um direkte Finanzspritzen aus dem Rettungsfonds ESM an marode Banken in den Euroländern sagte Juncker: „Ich halte es für wünschenswert, dass man zuerst das tut, was verabredet wurde, nämlich (zuerst) die Bankenaufsicht aufzustellen.“ Vorabfestlegungen machten derzeit keinen Sinn. Er reagierte damit auf in Brüssel kursierende Szenarien, wonach die Eurostaaten auch bei dem neuen System der Banken-Direkthilfen nicht aus der Verantwortung gelassen werden sollen. Die besonders stabilitätsorientierten Länder Deutschland, Finnland und Niederlande pochen seit längerem darauf, dass bei der direkten Bankenhilfe Altlasten ausgeklammert werden.

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