Werner Otto - ein großer Pionier ist tot

Werner Otto, der letzte große Unternehmensgründer der Nachkriegsgeschichte, ist im Alter von 102 Jahren gestorben.

Hamburg. „Bescheiden bin ich gar nicht, aber ich mache eben nicht so einen Rummel wie die anderen“, hat Werner Otto einmal gesagt. Der Versandhausgründer und Mäzen, der zu den prägenden Unternehmerpersönlichkeiten des deutschen Wirtschaftswunders gehörte und dessen „Otto-Katalog“ bis heute millionenfach in Haushalten liegt, wirkte am liebsten im Hintergrund. Seine letzten Jahre verbrachte der einstige Firmenpionier, der, wie erst jetzt bekannt wurde, am vergangenen Mittwoch (21. Dezember) im Alter von 102 Jahren in Berlin verstarb, zurückgezogen im Kreis seiner Familie.

Der erste Otto-Katalog von 1950, handgebundene 300 Exemplare á 14 Seiten und eigenhändig eingeklebten Fotos, ist heute im Haus der Geschichte in Bonn zu sehen. „1950 gab es ein paar hundert Versandhandelsfirmen; davon war mindestens die Hälfte größer als mein Betrieb“, erinnerte er sich einmal. Sie sind entweder verschwunden oder gehören zum Otto-Imperium. Unternehmertum verstand er als schöpferischen Prozess. „Wer statisch denkt und aus Angst vor Fehlern keinen Schritt nach vorn wagt, der sollte kein Unternehmer werden“, lautete seine Überzeugung.

In den 50er Jahren verdoppelte sich der Umsatz seines Versandhandels in manchen Jahren; die Konsumwelle nach den Entbehrungen der Nachkriegszeit war der Motor des raschen Wachstums. Strategisch setzte Otto mehr auf die Qualität der Waren als auf niedrige Preise und erschloss so neue Käuferschichten.

Schon 1966 übergab Werner Otto die Leitung des Unternehmens an den familienfremden Manager Günter Nawrath, behielt aber bis 1981 die Zügel als Aufsichtsratsvorsitzender in der Hand. Dann übernahm sein Sohn Michael die Otto Group und führte sie bis 2007. Der Senior hatte sich schon vorher neuen Geschäften zugewandt.

In einem Alter, in dem andere an den Ruhestand denken, investierte Otto in amerikanische Immobilien und in die Entwicklung von Einkaufszentren. Drei Ehefrauen schenkten Otto fünf Kinder. Nachdem er schon 20 Jahre in seinem Altersruhesitz in Garmisch verbracht hatte, zogen er und seine Frau Maren, mit der er fast fünf Jahrzehnte verheiratet war, mit 90 Jahren nach Berlin, wo er seine Jugend verbracht hatte. „Hier werden außergewöhnliche Ideen verwirklicht“, schwärmte er.

Für seine Leistungen als Unternehmer und Mäzen wurde Otto, den Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einen „Titan der Marktwirtschaft“ nannte, vielfach ausgezeichnet.

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