Wie Milliarden verspielt wurden

Drei kriminelle Fälle, meist die gleiche Masche: Doch interne Kontrollen greifen noch immer nicht.

London. Nick Leeson verdient heute sein Geld mit Rede-Auftritten. 7500 Pfund pro Abend muss auf den Tisch legen, wer den früheren Investmentbanker engagieren will. Verglichen mit den Summen, die er bei der ältesten englischen Investmentbank Baring bis Mitte der 90er Jahre verzockt hat, sind das Kleinigkeiten.

Auf weit über 800 Millionen Pfund (heute 917 Millionen Euro) wird der Verlust beziffert, den Leeson damals angerichtet hat. Das hatte gereicht, um die bis dahin ehrenwerte Baring-Bank zu ruinieren und sogar das einst stabile britische Pfund ins Wanken zu bringen. Leeson wurde damit zum Prototyp aller kriminellen Investmentbanker — und musste vier Jahre in einem Gefängnis in Singapur verbringen.

Jérôme Kerviel, der der französischen Bank Société Générale 2008 Verluste von fast fünf Milliarden Euro einbrockte, toppte die Verfehlungen seines Vorgängers bei weitem. Der Ghanaer Kweku Adoboli verzockte jetzt in nur drei Monaten 2,3 Milliarden Dollar (1,67 Milliarden Euro) seines Arbeitgebers, der Großbank UBS.

Alle machten im Prinzip das Gleiche — Arbitragegeschäfte, das Abgreifen kleiner Preisdifferenzen ein- und desselben Wertpapiers an verschiedenen Börsen. Zum Verhängnis wurde Leeson damals, dass er zugunsten höherer Gewinnerwartungen auf das — gesetzlich vorgeschriebene — sofortige Gegengeschäft verzichtete. Er saß dem Glauben auf, die künftigen Bewegungen am Aktienmarkt in Japan vorhersehen zu können. Mehr als ein Jahrzehnt später machten Kerviel — und auch Adoboli — mit nur wenig geänderten Vorzeichen denselben Grundsatzfehler, angefallene Verluste durch noch höhere Einsätze ausgleichen zu wollen.

Der jüngste Vorfall ist Wasser auf die Mühlen der Kritiker des Investmentbankings. Der Ruf nach strengeren Kontrollen der Banken und ihrer Spekulationsgeschäfte wird wieder lauter — und die Vorstände müssen sich selbst fragen, ob sie in der Hoffnung auf hohe Boni die größtenteils jungen Händler weiter so an der langen Leine lassen.

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