Köln Vermutlich schon drei Tote bei illegalen Autorennen

Sie treffen sich oft am Kölner Tanzbrunnen, rasen durch den Stadtverkehr, ignorieren rote Ampeln. Und sie kosten leben, immer wieder. Auch unschuldige.

Grablichter und Blumen stehen i Köln an dem Ort, an dem am 14. April eine Radfahrerin bei einem illegalem Autorennen tödlich verletzt worden war.

Grablichter und Blumen stehen i Köln an dem Ort, an dem am 14. April eine Radfahrerin bei einem illegalem Autorennen tödlich verletzt worden war.

Foto: Henning Kaiser

Köln. Zeugen sahen zwei weiße Mietwagen eines Carsharing-Unternehmens durch die Kölner Innenstadt jagen. Plötzlich verliert einer der Fahrer an einer Kreuzung die Kontrolle: Sein Wagen überschlägt sich mehrfach, prallt gegen zwei Ampelmasten und trifft mit voller Wucht einen Radfahrer. Drei Tage später stirbt der 26-jährige Radler in einer Klinik. Laut Augenzeugen hatte sich der Autofahrer, genauso alt wie der Tote, ein illegales Rennen geliefert. Bestätigt sich der Verdacht, wäre es der dritte Tote bei illegalen Autorennen allein in Köln in diesem Jahr.

Begonnen hatte die blutige Serie am 26. März: Ein 19-Jähriger Autofahrer kracht in ein Taxi, in dem ein österreichischer Fahrgast durch die Kollision stirbt. Der junge Mann hatte sich der Polizei zufolge mit einem 21-Jährigen ein Rennen geliefert haben. Der Fall liegt inzwischen bei der Staatsanwaltschaft.

Am 14. April der nächste Tote: In Köln-Mülheim rasen ein 22 und ein 21 Jahre alter Autofahrer mit Limousinen durch die Stadt. Das Todesopfer: eine junge Radfahrerin, 19 Jahre alt. Sie trug einen Helm und fuhr vorschriftsmäßig auf einem Radweg. Das Auto des mutmaßlichen Rasers soll mehr als 100 Stundenkilometer schnell gewesen sein, als es die junge Frau tötete.

Um diese Zeit läuft auch im benachbarten Leverkusen ein illegales Rennen aus der Spur, doch dieser Crash verläuft vergleichsweise glimpflich: ein Radfahrer überlebt, er wird verletzt.

Die Serie weckt bei älteren Kölnern unschöne Erinnerungen: 2001 war der Sohn des damaligen Kölner Oberbürgermeisters Fritz Schramma durch „Ring-Raser“ getötet worden. Laut Augenzeugen hatten zwei Männer den Unfall bei einem illegalen Rennen verursacht. Auf dem Kölner Innenstadt-Ring fuhren sie bei Rot über eine Ampel rammten ein drittes Auto, das in eine Fußgängergruppe geschleudert wurde. Sie wurden wegen fahrlässiger Tötung zu Bewährungsstrafen und dreijähriger Führerscheinsperre verurteilt.

Mit einer Razzia und einer speziellen Ermittlergruppe „Rennen“ hatte die Kölner Polizei der illegalen Raserszene vor einigen Wochen den Kampf angesagt. Dieses testosterongesteuerte, lebensgefährliche Verhalten muss gestoppt werden. Das sind wir den Opfern schuldig“, verkündete der Kölner Polizeipräsident Wolfgang Albers. Mehr Kontrollen und Ansprachen an Szene-Treffpunkten sollten es richten. Neun mutmaßliche Raser müssen mit Fahrverboten rechnen.

Ein Appell der Polizei ging auch an die Kölner Bevölkerung: „Wer weiß, wo solche Treffpunkte sind, oder wo öfter solche Rennen gefahren werden, soll uns unbedingt informieren.“ Manchmal beginnen die Rennen aber auch spontan irgendwo im Stadtgebiet: „Da stehen zufällig zwei an einer Ampel, die nehmen Blickkontakt auf, und dann wird losgerast.“

Am 13. September ist Oberbürgermeisterwahl in Köln. Die illegalen Rennen sind bereits zum Politikum geworden. Die Grünen fordern eine PS-Obergrenze für Fahranfänger. Wie beim Motorrad-Führerschein auch sollten sie nicht sofort in stark motorisierten Boliden losfahren dürfen.

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