Neues Zuhause für Flüchtlingskinder

Das Kreisjugendamt wirbt dafür, unbegleitete Jugendliche aufzunehmen. Das Interesse an Informationen war auch in Burscheid groß.

Burscheid. Einem Pflegekind ein neues und liebevolles Zuhause zu bieten, ist ein großes Wagnis. Wird das Kind die Familie akzeptieren? Was muss es aufarbeiten? Diese Fragen stellen sich Menschen, die mit dem Gedanken spielen, ihr Heim für einen fremden Mitmenschen zu öffnen. Noch schwieriger ist es bei kulturellen Unterschieden und sprachlichen Barrieren.

Auch für das Kreisjugendamt ist dies eine Herausforderung. Vor allem, wenn es um Flüchtlingskinder geht, die unbegleitet nach Deutschland gekommen sind. „Es ist Neuland für uns“, gab Thomas Straßer, Leiter des Kreisjugendamtes, bei einer Informationsveranstaltung im Rathaus zu.

Umso erfreuter war er, dass viele Burscheider Interesse bekundeten, diesen Weg mit dem Kreisjugendamt gemeinsam zu gehen. Nach der anderthalbstündigen Veranstaltung suchten einige Zuhörer noch das persönliche Gespräch zu den Jugendamtsmitarbeitern. Über 20 Bürger, Männer und Frauen jeden Alters, waren gekommen, um sich zu informieren.

So auch Gaby Bollig. „Es ist überall ein Thema“, sagte sie. „Ich arbeite in der Kinder- und Jugendarbeit. Mein jüngster Sohn wohnt auch noch zu Hause. Eventuell könnte ich einen Flüchtling aufnehmen.“

Catherine Cebula aus Wermelskirchen spielt ebenfalls mit dem Gedanken. „Ich finde es gut, dass man sich hier unverbindlich informieren kann. Die Schwelle ist niedriger.“

21 Familien aus dem Einzugsbereich des Kreisjugendamtes wollen es versuchen. In gemeinsamen Gesprächen loten die Familien und die Behörde aus, ob sie ein Pflegekind aufnehmen oder sich anderweitig, beispielsweise in der stundenweisen Kinderbetreuung, engagieren können. Innerhalb eines Monats könnten sie nach erfolgreicher Überprüfung einen Gast in ihrer Familie begrüßen.

Für 30 Flüchtlinge im Alter von 15 bis 17 Jahren, in der Regel Männer, sucht das Kreisjugendamt ein Zuhause. Aufgrund des Alters gelten andere Voraussetzungen als im normalen Pflegekinderdienst, bei dem in der Regel Kleinkinder vermittelt werden. Die Pflegeeltern können gerne vollberufstätig sein. Rentner können sich bei guter Gesundheit ebenfalls melden. „Alter, Geschlecht und die Art der Lebensgemeinschaft spielen keine Rolle“, erklärte Petra Czauderna aus dem Jugendhilfebüro Kürten. Das Jugendamt müsse in der derzeitigen Situation flexibel sein, um schnell Unterbringungsmöglichkeiten für die jungen Flüchtlinge zu finden.

Für ein erstes Kennenlernen treffen sich die Familien und die Flüchtlingskinder bei einer Tasse Kaffee oder einem Spaziergang. „Wir lassen Sie da nicht alleine“, versprach Thomas Straßer. Die rechtliche Betreuung des Heranwachsenden übernimmt ein Amtsvormund, der sich auch um das Asylverfahren kümmert. Die Familien erhalten für das Pflegekind monatliche finanzielle Unterstützung sowie eine Aufwandsentschädigung. „Wir vermitteln nur Jugendliche, die eine Bleibeperspektive haben“, betonte Thomas Straßer. Auch über das 18. Lebensjahr hinaus kann die Unterstützung durch das Amt weitergeführt werden.

Eine Sorge galt den traumatischen Erfahrungen der jungen Männer. „Für therapeutische Unterstützung ist gesorgt“, sagte Straßer. „Und wenn es nicht mehr geht, gibt es ein Rückticket.“

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