Herkensiefen: Neubauten ohne Telefonanschluss

Die ersten Bewohner zogen 2012 in das Neubaugebiet. Doch nur wenige können telefonieren und surfen.

Herkensiefen: Neubauten ohne Telefonanschluss
Foto: Doro Siewert

Burscheid. Ein funktionierender Telefon- und Internetanschluss gehört mittlerweile zum Standard eines Wohnhauses. Regina Ernst und ihre Nachbarn warten auf diesen Standard jetzt seit fast einem Jahr. Neun Parteien im Neubaugebiet Herkensiefen sind an das Netz der Telekom noch nicht angeschlossen.

„Ich bin als Studentin darauf angewiesen. Ich stecke gerade mitten in der Lernphase“, erklärt Regina Ernst. Die 23-Jährige ist im November mit ihren Eltern nach Herkensiefen gezogen. Einen Monat vorher hatten sie den Anschluss beantragt. Um lernen zu können, pendelt die Geologiestudentin derzeit zur Uni nach Bonn. Zur Not kann sie auch bei ihrer Oma lernen. Deren Nachbarin hat der Studentin ihr WLan-Passwort verraten.

Der Netzanschluss wird über das Luisental organisiert. Marian Simka hatte Glück: „Wir haben eine der letzten freien Adern erwischt. Aber das war auch schwierig.“ Der Vater hatte im Frühjahr einen Anschluss beantragt, im Juli zog seine Familie ein. „Und dann hat es lange gedauert. Wir mussten viel hinterhertelefonieren“, berichtet er. Im November funktionierte endlich alles. „Die Geschwindigkeit könnte besser sein, aber die Verbindung ist stabil“, sagt Simka.

Sein Nachbar wollte sich den Stress mit dem Telekommunikationsunternehmen gleich ersparen. „Ich habe einen LTE-Anschluss von einem anderen Anbieter. Wir wohnen seit Ende 2012 hier, vorher habe ich im Wohnwagen geschlafen. Aber auch da hat alles direkt einwandfrei funktioniert“, berichtet Claus Hildesheim. Eine Woche nach dem Antrag konnte er surfen. Auf das Kabel der Telekom wartet er seit zwei Jahren.

„Ich werde den Anschluss zwar nicht nutzen, aber das Kabel lasse ich mir trotzdem legen. Vielleicht braucht es jemand, wenn wir das Haus einmal verkaufen“, sagt Hildesheim.

Laut Telekommunikationsgesetz, Paragraf 78, ist der „Anschluss an ein öffentliches Telekommunikationsnetz an einem festen Standort, der Gespräche, Telefaxübertragungen und die Datenkommunikation mit Übertragungsraten ermöglicht, die für einen funktionalen Internetzugang ausreichen“, eine Universaldienstleistung. Der Anschluss gehört also wie Wasser oder Strom zur Grundversorgung.

Wie schnell diese Versorgung gewährleistet wird, liegt allerdings in der Hand der Telekom. Regina Ernst und ihrer Familie wurde als Anschlusstermin zunächst der 2. Juni genannt. Doch dann wandte sich ein Nachbar an den Fernsehsender WDR — und plötzlich ging alles ganz schnell.

„Am Montag kam ein kleiner Bagger und hat vor unserem Haus ein Loch für die Kabel gegraben. Die offizielle Begründung war, dass der Erschließungsträger ja bald die Straße machen will und die Kabel vorher in den Boden sollen“, berichtet Ernst. Auch bei den Nachbarn wurde schon gegraben. In spätestens einem Monat soll die Familie telefonieren und surfen können. Dann kann Regina Ernst endlich auch zu Hause wieder lernen.

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