Integration: „Die Sprache ist sehr wichtig“

Taner Efeoglu, Vorsitzender des Integrationsrates, spricht über die Einbindung von Migranten.

Burscheid. Seit drei Jahren ist Taner Efeoglu Vorsitzender des Integrationsrates. Der 54-Jährige kam 1966 aus der Türkei nach Deutschland und fühlt sich „schon lange als Burscheider“.

Herr Efeoglu, am 29. Mai jährt sich der rechtsextreme Brandanschlag von Solingen zum 20. Mal. Am 17. April beginnt der NSU-Prozess über die Morde an Ausländern. Was denken Sie über diese Taten?

Efeoglu: Es ist eine Mischung aus Ohnmacht und Wut. Es herrschte große Gleichgültigkeit bei den Ermittlern, da die Morde eine Sache unter Ausländern gewesen sein sollten. Als ich zum ersten Mal gehört habe, dass es rechtsextreme Taten waren, war ich schockiert, dass so etwas in Deutschland möglich ist. Als dann herauskam, was für Fehler die Fahnder gemacht haben, habe ich mich gefragt: Wo lebe ich hier eigentlich?

Wie kann man in Zukunft solche Taten verhindern?

Efeoglu: Wichtig sind die vollkommene Aufklärung, die Bestrafung der Täter und die Wiedergutmachung gegenüber den Familien der Opfer. Alles sollte öffentlich genug gemacht werden, so dass es viele mitbekommen.

Um die Glaubwürdigkeit des Staates wiederherzustellen?

Efeoglu: Genau, um wieder Vertrauen zu schaffen.

Was kann seitens der Migranten gegen Fremdenhass getan werden?

Efeoglu: Als erstes kommt der Punkt Sprache. Sich artikulieren zu können ist sehr wichtig. Und sich zu informieren, über Rechte und Pflichten. Dann ist man schon einen Riesenschritt weiter.

Bei der letzten Burscheider Konferenz für Integration und Bildung wurde vor allem die gezielte Einbindung ausländischer Mitbürger gefordert.

Efeoglu: In der Hinsicht muss die Politik auch einmal Zeichen setzen. Ich diene selbst als Beispiel: Ich lebe hier sehr lange, kenne mich aus, kann aber noch nicht einmal wählen, weil ich aus der Türkei komme. Ein anderer Punkt ist das Engagement der Menschen. Die Einbindung findet oft in Vereinen oder der Schule statt. Dort muss mit den Eltern geredet werden. Es gibt aber auch viele Familien, die das umschiffen. Auch, weil ihnen Geld fehlt, ihre Kinder auszubilden oder zum Sport zu schicken. Dort muss angesetzt werden.

Gibt es Menschen, die neu in Burscheid sind und auf Sie zukommen, weil sie Rat suchen?

Efeoglu: Ja. Vieles läuft aber über kurze Wege. Das sind dann meistens keine offiziellen Anfragen. Das führt leider oft dazu, dass die Arbeit des Integrationsrat unterschätzt wird, obwohl viele Gespräche laufen und Hilfe gegeben wird.

Gibt es auch Dinge, die schief laufen?

Efeoglu: Ich muss leider sagen, dass gerade bei Sprachkursen vielen Menschen die Motivation fehlt. Die leben in ihrem Alltag und sagen, „es ist doch alles eingespielt, da muss ich doch nicht hin.“

Der Kreis Rhein-Berg führt ein Internetportal für Migranten mit vielen Informationen. Die Internetseite vom Integrationsrat hingegen . . .

Efeoglu: . . . die ist tot. Ich habe mir das jetzt persönlich zur Aufgabe gemacht, die Seite neu zu programmieren. Ich hoffe, ich schaffe es bis zum Sommer, sie zu aktualisieren. Mit allgemeinen Informationen, aber auch aktuellen Veranstaltungsterminen.

Als Inhaber einer Werbeagentur: Wie würden Sie für Integration werben?

Efeoglu: Ich würde das Zusammenleben darstellen. Hauptsächlich im Bild, damit die Leute Interpretationsspielraum haben. Ich würde dafür sogar die Extreme zeigen, von sehr negativ bis hin zur heilen Welt. Damit die Leute dadurch miteinander ins Gespräch kommen.

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