Neonazi-Treffen auf Friedhof

Angeblich wurde dabei auch ein HJ-Lied gesungen. Inzwischen ermittelt der Staatsschutz.

Burscheid. Seit dem 9. Januar brüstet sich eine rechtsradikale Gruppe mit dem Namen „Freie Nationalisten Leverkusen“ im Internet mit einer Aktion auf dem Burscheider Friedhof. Dort wollen die Neonazis zunächst das Kriegsgräberdenkmal gereinigt haben, ehe sie in Zweierreihen mit Fahnen und Kerzen zum Denkmal marschierten. Die Veranstaltung „im kleinen Rahmen“ soll „von unseren Kameraden aus Burscheid“ organisiert worden sein.

Ein Burscheider Aktivist erinnerte dabei laut Eigendarstellung an die Kriege von 1815, 1866 und 1870. Nach einer Schweigeminute sei dann das frühere Pflichtlied der Hitlerjugend, „Ein junges Volk steht auf“, gesungen worden. Dieses Lied gilt als strafrelevant.

Nach Darstellung auf der rechtsradikalen Internetseite hätten Friedhofsbesucher dem Treiben „aus sicherer Entfernung“ interessiert zugeguckt. Ob das stimmt oder sich dahinter nur Wichtigtuerei verbirgt, ist noch unklar: Anzeigen bei der Polizei gingen jedenfalls nicht ein; auch im Rathaus war der Vorfall nicht bekannt.

An welchem Tag und zu welcher Zeit die Veranstaltung stattgefunden hat, wird aus der Schilderung nicht deutlich. Dem Beitrag sind Fotos angehängt, die bis zu zehn Teilnehmer der Aktion zeigen, bei denen es sich offenbar um Jugendliche oder junge Erwachsene handelt. Ihre Gesichter sind auf den Fotos nachträglich geschwärzt worden.

Nach Auskunft der Kreispolizeibehörde in Bergisch Gladbach ist dem Staatsschutz in Köln seit Längerem ein Internetaufruf der rechten Szene bekannt, der zu solchen Aktionen an Kriegerdenkmälern auffordert. Von den Vorfällen in Burscheid hatte man aber bisher keine Kenntnis.

In der Versammlung an sich sei aus Sicht des Staatsschutzes auch keine Straftat zu erkennen. Anders verhalte es sich mit dem Singen des HJ-Liedes in der Öffentlichkeit. Deswegen ist inzwischen ein Ermittlungsverfahren nach Paragraf 86a Strafgesetzbuch (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) eingeleitet worden. Das Strafmaß reicht dabei von Geld- bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe.

Ob wirklich, wie auf der Internetseite behauptet, auch Burscheider Jugendliche beteiligt waren, wird von Manfred Zenses, Leiter des Jugendzentrums Megaphon, bezweifelt. „Von der Szene in Leverkusen wissen wir, aber dass Burscheider organisiert sind und an solchen Aktionen teilnehmen, kann ich mir fast nicht vorstellen.“

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