Der Brunnen an der Kölner Straße: Das missachtete Wahrzeichen

Der Brunnen an der Kölner Straße in Hilgen erfährt im Alltag nicht viel Aufmerksamkeit.

Burscheid. Ist der Hilgener Brunnen nun schön oder nicht? Die Frage ist auch fünf Jahre nach seiner Errichtung noch nicht ausdiskutiert. Das identitätsstiftende Wahrzeichen des Stadtteils erinnert an eine Kreuzung aus einer zu kurz geratenen Silvesterrakete und dem Blechmann aus „Der Zauberer von Oz“ — allerdings mit Übergewicht. Trotzdem ist das Geräusch, das sein plätscherndes Wasser verursacht, eine angenehme Abwechslung zum vorbeirauschenden Verkehr auf der Bundesstraße 51.

Nur in den kurzen Phasen, wenn beide Ampeln auf Rot stehen, wenn die Autofahrer auf der Witzheldener Straße gerade zum Stehen gekommen sind und die auf der Kölner Straße sich wieder in Bewegung setzen wollen oder umgekehrt — nur in diesen kurzen Ruhephasen ist sein beruhigendes Plätschern aber wirklich gut zu hören.

Trotzdem — keiner will ihn so recht beachten. Die Fußgänger gehen auf die Ampeln zu, ohne das Wahrzeichen auch nur eines Blickes zu würdigen. Einzig eine ältere Frau in einer blauen Hose schenkt ihm ein bisschen Aufmerksamkeit, als sie aus dem Hotel Heyder tritt. Langsam geht sie auf den grauen Brunnen zu, betrachtet ihn, läuft um das Blumenbeet herum, guckt auf ein Schild, das „Kein Trinkwasser“ besagt, betrachtet den halbgefüllten Zinkeimer davor und geht wieder zum Hotel zurück. Als dort eine weitere Dame in einem orangen T-Shirt aus der Tür kommt, spaziert sie mit ihr in Richtung Wermelskirchen. Der Brunnen bleibt allein zurück.

Auch zwei kleine Mädchen, die den älteren entgegenkommen, achten nicht darauf, was da vor ihnen plätschert. Viel wichtiger ist ihnen, wie sie mit einem kleinen Plastiklöffel das Wassereis aus der Schale in ihrer Hand hacken können. Gar nicht so einfach. Aber wer kommt auch auf die Idee, einen so großen Brocken grünes Wassereis mit einem Plastiklöffel zu verkaufen?

Neben den beiden hält gerade ein alter roter VW-Käfer an der Ampel und glänzt in der Sonne. Hinterm Steuer sitzt ein älterer Herr mit weißem Käppi, daneben eine ältere Dame mit einem überdimensionierten weißen Hut. Vielleicht sind sie auf dem Weg zu einem Pferderennen — das würde zumindest den Hut erklären. Aber von Pferden ist hier weit und breit keine Spur. Wobei sich das Metallgestänge vor dem Hotel wunderbar dazu eignen würde, sein Pferd anzubinden, einzukehren und sich zu erfrischen.

Denn draußen ist das hier nicht möglich. Erstens ist es in der prallen Sonne ziemlich warm, außerdem gibt es nirgendwo Sitzgelegenheiten. Nicht einmal an der Bushaltestelle, ein paar Meter weiter, können die Wartenden Platz nehmen. Allein vor der Gaststätte „Zur Post“ auf der gegenüberliegenden Seite der Witzheldener Straße könnte man sich setzen. An der Hauswand stehen ein Holztisch mit einem gläsernen Aschenbecher, daneben zwei Hocker.

Wo eine Bank fehlt, bleibt vielleicht auch die Muße auf der Strecke, den Brunnen mal ausgiebig zu würdigen. Aber was soll’s? — Wer täglich an der Freiheitsstatue vorbeischippert oder am Eiffelturm entlanggeht, hat für diese Wahrzeichen seiner Stadt wahrscheinlich auch kein Auge mehr.

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