Uraufführung: Johannes Sterts „Tableaux sonores“

In Opladen erleben Johannes Sterts „Tableaux sonores“ mit dem OVH ihre eindrucksvolle Uraufführung.

Uraufführung: Johannes Sterts „Tableaux sonores“
Foto: Nicole Haase

Leverkusen/Burscheid. Festlich und besinnlich, heiter und melancholisch, übermütig virtuos und still verträumt — das Frühjahrskonzert des Orchestervereins Hilgen (OVH) bot den Zuhörern in der leider nicht voll besetzten Festhalle Opladen das ganze Spektrum musikalischen Ausdrucks — und das alles in bestechender Technik und Musikalität.

Im musikalischen Mittelpunkt stand Richard Strauß, der vor 150 Jahren geboren wurde und in seinen Kompositionen eine neue Klangkultur entwickelte. Mit seiner „Festmusik für die Stadt Wien“ wurde das Konzert von der OVH-Brazzband unter Leitung von Ulrich Haas eröffnet.

Variable Ausdruckfähigkeiten sind das Markenzeichen des Ensembles, das mit einer Orchesterfassung des Straußliedes „Stell auf den Tisch die duftenden Reseden“ den getragenen und melodiösen Charakter ebenso gut traf wie den opulenten der Festmusik.

Spannend, rhythmisch vergnügt, aber auch lyrisch dann die „Music for Festival“ des 1951 geborenen Komponisten Philipp Sparke. Dynamisch ausgefeilt und äußerst lebendig gestaltet, brillierten hier vor allem die virtuosen Trompeten. In wieder eine andere Welt wurden die Zuhörer mit dem „Ägyptischen Marsch“ von Johann Strauß übermütig entführt, und die heftig erklatschte Zugabe brachte sie wieder in gesangliche europäische Regionen zurück.

Nach der Pause dann der OVH mit Johannes Stert am Dirigentenpult. Moderatorin Annette Willuweit überreichte ihm im Hinblick auf die folgende von Jan Cober arrangierte Suite aus der Strauß-Oper „Der Rosenkavalier“ eine silberne Rose.

„Steigerung, nichts als Steigerung“ hatten Strauß und Hugo von Hofmannsthal, der Librettist der Oper, im Dialog gefordert. Johannes Stert nahm diesen Wunsch wörtlich: Schon der Anfang war spannungsgeladen mit schönen Kantilenen der Holzbläser, vor allem der Oboe. Steigerungen müssen nicht immer lauter werden, sie können auch in intensives leise Spielen münden: So begann der berühmte Rosenkavalier-Walzer mit seinen schwingenden Melodien, subtil in jeder Nuance von Johannes Stert in Szene gesetzt. Mit gleicher Intensität dann die Steigerung in den temperamentvollen Klangfarben am Schluss der Suite, vom Dirigenten auch mit körperlichem Einsatz lebendig sichtbar gemacht.

Gegen diese Klangwunder hatten es die von Percy Grainger geschriebenen Seemannslieder etwas schwer, die unterschiedlichen Stimmungen fing das Orchester fabelhaft ein. Interessant die verfremdeten Zusammenklänge solistischer Holzbläser.

Wehmütig stimmte das letzte Werk des Abends: die Uraufführung der „Tableaux sonores“ von Johannes Stert, bei dem sich der Komponist von Robert Schumanns Liederzyklus „Dichterliebe“ inspirieren ließ. Vielleicht muss man heute mit diesen Liedern um Liebesglück und -leid so frei musikalisch umgehen, um sie zu verstehen. Mehr oder weniger versteckte Zitate ließen die Zuhörer gebannt lauschen.

Annette Willuweit sah in dem viersätzigen Werk eine Schilderung der überaus freundschaftlichen und erfolgreichen Zusammenarbeit Sterts mit dem OVH, die nun bald zu Ende gehen wird. Die verklingenden Flöten zum Schluss ließen den bevorstehenden Abschied anklingen.

Auch Johannes Stert war bewegt: Statt der geplanten Zugabe wurde der letzte Satz des Werkes noch einmal wiederholt. Dann aber, nach nicht enden wollendem Applaus, dann doch: „Das Leben ist nicht nur traurig, es geht weiter“, hob er noch einmal den Taktstock zum furiosen „Wedding Dance“ von Jaques Press — ein grandioses Konzert.

ovhilgen.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort