Zum Pinsel erst im Alter gegriffen

Hermann Siegfried Mängel (75) stellt im Rathaus aus. Zur Vernissage kam auch MdB Wolfgang Bosbach nach Burscheid.

Burscheid. „Sieh mal, denk mal, mal mal“ — der ungewöhnlicher Titel für die 20. Ausstellung in der Reihe „Kunst im Rathaus“ machte neugierig. „So voll war es noch nie“, resümierte Bürgermeister Stefan Caplan in seiner Begrüßungsrede.

Bis zum 30. August 2013 sind 58 Aquarelle, Acrylbilder und Radierungen von Hermann Siegfried Mängel aus Schildgen zu sehen, darunter auch fünf Burscheider Motive (Katholische und Evangelische Kirche), die zum Sonderpreis angeboten werden. Zwei Aquarelle zeigen den Altenberger Dom im Winter, eines den Dom im Sommer und eine Radierung komplettiert die Serie. Nahes und Fernes hält der Künstler fest: Ansichten aus dem Bergischen Land, aus Italien und nordische Landschaften. Dazu immer wieder Blumenbilder, aber auch mit Bleistift gezeichnete Akte, Porträts unter anderem von Konrad Adenauer und Helmut Kohl. Der Besucher muss einen Rundgang durch mehrere Etagen und Flure des Rathauses unternehmen, um einen Überblick zu gewinnen und seine Lieblingsbilder zu entdecken.

Zarte Farben und kräftige Töne je nach Gegenstand, Stimmung und Landschaft weiß Mängel durch die Kunst des Weglassens zu verdeutlichen. So wird der Betrachter fast unmerklich an die Hand genommen, um das Wesentlich eines Bildes zu entdecken.

Das Lieblingsbild des Künstlers war bei der Vernissage auf einer Staffelei im Sitzungszimmer des Rathauses ausgestellt, ein galoppierende Pferd in sanftem Gelb und Brauntönen, „in einer Dreiviertelstunde wie in einer Explosion von Glückshormonen“ (Hermann Siegfried Mängel) entstanden.

Mängel, 1937 geboren und von Beruf Ingenieur, entdeckte erst vor sieben Jahren seine Leidenschaft, Gesehenes und in einem Skizzenbuch Festgehaltenes zu bearbeiten und die Freude an Neuem zu spüren. 1000 Bilder sind seither entstanden. Er bezeichnet sich als Autodidakt, allerdings mit professioneller Unterstützung. Sehen, denken, malen ist für ihn ein beglückendes neues Leben im Alter und der Titel der Ausstellung ein Rat, es ihm gleich zu machen.

Der rheinisch-bergische CDU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach ließ es sich nicht nehmen, seinem Freund die Laudatio zu halten, stellte die Kultur als wichtigstes Merkmal einer Epoche vor Augen und lobte das besondere Engagement für Kunst und Musik in Burscheid. Mängels Bilder so Bosbach, „sprechen auch Herz und Seele an“. Sein Wunsch für alle im Jahr 2013: „Zeit und Muße für Augen und Ohren“ zu haben.

Vielleicht kann das Beispiel Hermann Siegfried Mängels auch andere nach Beendigung der Berufszeit zum erfüllten Älterwerden führen. Dann wäre nicht nur die Ausstellung ein Erfolg sondern auch ihr Titel-Appell „sieh mal, denk mal, mal mal“.

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