250 Kilometer für ein paar T-Shirts und Hosen

Ab 6 Uhr standen die ersten Menschen am Donnerstag vor der Filiale von Abercrombie & Fitch.

Düsseldorf. „Showtime“ — das ist es, was Ralf Bienstock aus Duisburg erwartet. Seit 6 Uhr steht der 46-Jährige vor der Tür der neuen Filiale von Abercrombie & Fitch an der Kö — und hat hohe Erwartungen in die Eröffnung. „Wir wollen einfach dabei sein“, sagt auch Alexander Stenzel (35) aus Recklinghausen, der immerhin seit 7 Uhr wartet und an diesem grauen Donnerstagmorgen inzwischen ganz schön friert.

Und dann ist es 10 Uhr, die Tür geht auf, ein muskulöser Mann ohne Hemd tritt heraus und sagt: „Welcome to A & F!“ Bienstock, Stenzel und die restliche Speerspitze der Warteschlange dürfen rein, kaufen. Die Tür geht wieder zu. Einfach so. Eine Woche standen 50 spärlich bekleidete Männermodels vor dem Gebäude — die sitzen jetzt schon im Flieger nach Brüssel, wo am 8. Dezember eröffnet wird. Man ist wohl der Meinung, in Düsseldorf genug Show gemacht zu haben. Jetzt ist das Geld dran.

Und das sind viele der Schlange stehenden Eröffnungskunden auch bereit auszugeben. Das Budget sei „nach oben offen“, sagt Nina Scheuss. Der 20-Jährigen macht die Warterei im Nieselregen nichts aus — im Gegenteil: „Es ist eben keine 08/15-Marke, die es an jeder Ecke gibt.“ Auch die 18-jährige Melanie Baum sagt nur: „Die Scheckkarte ist dabei!“ Und selbst die 87-jährige Elisabeth Hermanns will für ihre Enkel kräftig einkaufen — allerdings wird sie kurz vor der Tür gestoppt und muss die Schlange verlassen, weil ihr Pudel nicht mit ins Geschäft darf.

Die wohl weiteste Anfahrt — rund 250 Kilometer — haben Raphael Duma und seine Freunde aus der Nähe von Bremen hinter sich. Warum? „Für das Shoppingerlebnis“, sagt der 20-Jährige, „selbst wenn die Klamotten nicht so außergewöhnlich sind.“ Eine halbe Stunde steht er von 10.15 bis 10.45 Uhr an, dann umarmen ihn Schummerlicht, Parfümgeruch, Diskomusik. Raphael schaut begeistert zwischen den dunklen Regalwänden, dem falschen Elchkopf und der Adonis-Statue hin und her. „Ist das krass“, grinst er selig. „Ich muss erst mal klarkommen.“

Etwas desillusioniert indes streift der 26-jährige Christoph zwischen den Kleiderständern umher. „In Mailand hat mich der Kauf mehr gereizt — da musste ich ja extra hinfliegen.“ Jetzt gibt es die Marke des Herzens für den Düsseldorfer gleich in der Nachbarschaft. Er zuckt mit den Schultern: „Jetzt bin ich schon drin, jetzt kaufe ich auch was.“ Schnell mal zwei Pullis, 220 Euro. An der Kasse neben ihm zahlt eine 28-jährige Kölnerin für ein paar Shirts und Gürtel 424 Euro. Der Wahnsinn hat begonnen.

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