Alles nur Theater statt großer „Illusion“

Regisseurin Marie-Louise Bischofberger kann das Potenzial des Stückes im Schauspielhaus nicht ausschöpfen.

Düsseldorf. Ein tyrannischer Vater ist auf der Suche nach seinem verlorenen Sohn. Und bedient sich des Zauberers Alcandre, der den herrischen Pridament mit auf eine Reise durch seine Grotte nimmt. Dabei streifen sie, stets dem Filius auf den Fersen, durch mehrere Kontinente. Alles nur „Illusion“. Und: Alles nur Theater.

Das stellt der Herr Papa fest — nach einem Theaterabend von zweieinhalb Stunden, der in rieselndem Schnee endet und jetzt im Schauspielhaus Premiere feierte. Marie-Louise Bischofberger setzte den 400 Jahre alten Text als seltsam sprödes Comic-Abenteuer mit allerlei Scherzartikeln in Szene — frei nach Pierre Corneilles „L’illusion comique“. Es ist das Frühwerk des französischen Klassikers, der bis heute eher für seine Tragödien mit antiken Helden gerühmt wird. Voll von prallen Figuren und beinah absurden Situationen sind aber seine ‚komischen Illusionen’.

Doch die in Frankreich hoch ausgezeichnete Regisseurin, Ehefrau von Regie-Guru Luc Bondy, zeigte sich dem Barock-Sujet kaum gewachsen. Weder raffiniertes Traumspiel in einer düsteren Grotte, noch deftig turbulentes Barocktheater — weder hintergründige Komik noch magische Illusionen gelingen ihr. Stattdessen trifft man auf der Bühne des Kleinen Hauses überzeichnete Figuren, sogar Knallchargen, die brav ihren Text aufsagen, aber bestenfalls fürs Boulevard taugen.

Sie mimen Stationen aus dem Leben des quirligen Taugenichts Clindor nach, der sich als Lakai durchs Leben schlägt und später zum Fürsten aufsteigt. Geistreich und mit vielen Nuancen gespielt von Florian Jahr, der als Sohnemann und Glücksritter Konturen gewinnt. Die anderen Darsteller bleiben Karikaturen.

Der Papa staunt nicht schlecht, hält er doch die filmartigen Szenen für die Wahrheit. Ein Wedeln mit einem Riesen-Zauberstab genügt, und schon führt Alcandre die Figuren vor, mit denen sich Clindor herumschlagen muss. Schwadroneure, Möchtegerns, aufgeblasene Maulhelden, die von Weltherrschaft faseln. Und eine käsebleiche Isabelle (Betty Freudenberg), die, man ahnt es schon, sich in Clindor verliebt. Doch Clindor soll im Auftrag seines aufgeblasenen Herrn Matamore (Rainer Galke mit Safari-Helm und Lametta-Orden) um die blasse Blondlocke werben. Eigentlich viel Stoff für komische Effekte, die aber meist albern wirken. Ähnlich wie der hohlwangig dürre Zauberer (Willem Menne), eine Mischung aus Graf Dracula und einem Vorstadt-Magier. Isabells Vater, Roland Schäfer mit Goldknopf-Blazer, Einstecktuch und Zigarre, mutiert zur Witzfigur aus einem Rosamunde-Pilcher-Streifen, sobald er seine Tochter mit einem Edelmann verheiraten will.

So gehen Bonmots über Liebe und Leben höchstens als Witzchen über die Rampe, die junge Zuschauer zum Lachen bringen. Man amüsiert sich, halt unter Niveau. Schade. Denn in dem so selten gespielten Opus steckt alles für einen heiter pointierten Abend über Väter und Söhne.

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