Am Steinberg: Letzte Fahrt aus dem Rheinbahn-Depot

Am Samstag schließt der Betriebshof seine Tore endgültig. 60 Mitarbeiter ziehen nach Lierenfeld.

Düsseldorf. Stolz blicken die Gründer der Rheinbahn in die historische Fahrzeughalle von 1909 am Steinberg: Nur wenige Meter neben der Schautafel mit den Köpfen von August Bagel, Franz Haniel, Heinrich Lueg und Friedrich Vohwinkel schweißen Arbeiter an den Hallentoren. Sie befestigen Halterungen für schwere Schlösser daran. Das Depot wird dicht gemacht. Endgültig. Samstag fahren die letzten Bahnen vom Gelände. „Am Samstag ist hier Totentanz“, sagt Fahrer Carsten Suhr. Niemand braucht die Mitarbeiter nach ihren Gefühlen zu fragen. Die Depression liegt in der Luft. Denn mit dem Umzug der letzten 60 Rheinbahner zum Betriebshof nach Lierenfeld wechseln sie nicht nur den Arbeitsort. Sie schließen die Tore ab und beenden eine ganze Ära.

Betriebsschlosser Peter Wenzel (52) beispielsweise, der am Mittwoch zum letzten Mal eine Bahn in der Halle gewartet hat. „Ich war vorher im Betriebshof in Wersten. Da war alles alt. Dann kam ich 1992 hierhin. Und wieder war alles alt. Jetzt muss ich wieder umziehen“, seufzt er. Aber diesmal wird nicht mehr alles alt sein. Während Wenzel und seine zwölf Werkstatt-Kollegen sich in Bilk vornehmlich um die Instandhaltung der alten Bahnen kümmern mussten, warten nun in Lierenfeld moderne Silberpfeile auf sie. Um sie reparieren und warten zu können, muss Wenzel nun eine Umschulung absolvieren.

Mit der Aufgabe des Standorts verschwinden auch die alten Bahnen aus dem Stadtbild: Von den schweren gelben Bahnen gibt es noch vier Züge und einen Triebwagen am Steinberg. Drei von ihnen kommen als „Histörchen“, also als Oldtimer, zum Betriebshof nach Heerdt.

Zwei werden in Kürze nach Polen geliefert und werden daher nur kurz in Lierenfeld stehen. Genauso wie sechs rot-weiße Bahnen, die alle verkauft werden. Suhr: „Wir haben seit 1913 alle Bahnen erhalten — bis auf die rot-weißen.“ Auch ein Stück Abschied also.

Betriebshofassistent Heinz Wichmann (53) arbeitet seit 32 Jahren an dem Bilker Betriebshof. Auch er wird umgeschult, denn in Lierenfeld werden die Bahnen mit einer computergesteuerten Anlage automatisch an ihren „Parkplatz“ gelotst. „Hier haben wir das eher auf Zuruf gemacht und man hat mit den Kollegen gesprochen.“ Carsten Suhr fürchtet, dass der menschliche Zusammenhalt leiden könnte: „In Lierenfeld ist man nur noch eine Dienstnummer“, sagt er beim Blick aus dem Glasdach ein wenig wehmütig. „Die Konstruktion war für die damalige Zeit einzigartig. Das hat etwas von Kirche.“

Politiker der FDP-Fraktion fordern den Erhalt des Gebäudes. Für die nächsten zwei Jahre soll die Arbeitsgemeinschaft historischer Nahverkehr Düsseldorf, die so genannte „Linie D“, am Steinberg einziehen. In dieser Zeit soll geprüft werden, ob daneben auch ein Künstleratelier dort finanziert werden kann. „Leer stehen darf die Halle nicht“, fordert Fraktionschef Manfred Neuenhaus. Am Freitag sollen Gespräche mit der CDU geführt werden, damit noch vor der Sommerpause ein politischer Beschluss gefasst werden kann.

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