Awo-Projekt gegen Islamismus ist bundesweites Vorbild

Sogar der Bundesinnenminister informierte sich über die Anstrengungen der Düsseldorfer. Jetzt aber wackelt die Finanzierung.

Düsseldorf. Als Ahmet (Name geändert) aus den Sommerferien kommt sieht er anders aus: Er trägt die Kleidung der Taliban, lässt sich einen Bart stehen und wird unter Mitschülern missionarisch tätig.

Erst kritisiert er die westliche Kleidung seiner muslimischen Freunde, dann nötigt er Mädchen, ein Kopftuch zu tragen. Als herauskommt, dass der Junge die Ferien in Pakistan verbracht hat, schreitet die Schulleitung ein und informiert Aziz Ejjiah und Wolfgang Stoppel von der Awo.

Die beiden arbeiten in der Jugendhilfe beziehungsweise als Jugendgerichtshelfer, leiten aber auch das Projekt „Präventiv- und Sozialaktion gegen politischen und religiösen Radikalismus“. Hinter dem sperrigen Namen verbirgt sich eine Kombination aus Sozialarbeit und Netzwerk mit Schulen, den Moschee-Verbänden, Kulturvereinen, dem Jugendamt und der Polizei.

Das ist in Düsseldorf und Deutschland einzigartig, so dass Stoppel und Ejjiah am vergangenen Wochenende zum Präventionsgipfel zu Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich nach Berlin geladen waren, um ihre Erfahrungen weiterzugeben.

„Unser Ansatz ist es, über Sozialarbeit und engen Kontakt zu den Moschee-Vereinen, den Jugendlichen zu zeigen, dass es auch gewaltlose und demokratische Mittel gibt, etwas zu verändern“, sagt Ejjiah.

Dabei sei es fatal, sich auf die Arbeit in den Moscheen zu beschränken: „Hassprediger wissen natürlich, dass sie dort unter Beobachtung stehen und finden andere Mittel und Wege.“ Ejjiahs Kollege Stoppel ergänzt: „Es geht gar nicht so sehr um Religion, sondern vielmehr um die prekären Lebensumstände der Menschen.“ Denn Armut und Aussichtslosigkeit seien die größten Risikofaktoren bei der Radikalisierung junger Muslime.

Ejjiah und Stoppel bieten neben der Arbeit mit Jugendlichen auch Beratung und Informationen für Eltern, Pädagogen oder interessierte Bürger an (siehe Kasten). Zudem vermitteln sie zwischen den Institutionen im Netzwerk. Den Fall des Schülers Ahmet leiteten sie an Dirk Sauerborn weiter.

Der ist Kontaktbeamter für interkulturelle Angelegenheiten und weiß, dass das Thema Islamismus an Düsseldorf nicht vorbeigeht. Aber: „Derzeit gibt es keinen Moschee-Verein, der uns besondere Sorgen macht.“ Seit neun Monaten sei nach Wissen der Polizei kein so genannter Hassprediger mehr in der Stadt aufgetreten.

Ob die erfolgreiche Arbeit des Awo-Projekts in Zukunft weitergeführt werden kann, steht in den Sternen. Die Finanzierung wackelt. Ursprünglich waren 75.000 Euro als Modell-Förderung vom Land geflossen. Die Stadt übernahm im Sommer 2010 die Kosten nicht, genehmigte nur noch 22.000 Euro.

Woraufhin die offene Jugendgruppe des Projekts gestrichen wurde. Stoppel und Ejjiah hoffen nun, im nächsten Jahr wieder mehr Geld zur Verfügung zu haben. Damit Jugendliche wie Ahmet nicht im Sumpf des Islamismus versinken.

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