Brauchtum macht mobil gegen das Rauchverbot

Wirte wollen das Rauchverbot mit Schützen und Karnevalisten doch noch kippen. Demo am 15. Juni.

Düsseldorf. Heftige Worte fielen am Dienstagmittag in der Gaststätte Till’s Eleven. Schützenoberst Günther Pannenbecker sprach von einem „modernen SED-Staat“, Bürgermeisterin Marie-Agnes Strack-Zimmermann von einer „restriktiven, spaßfernen Gesellschaft“, die von Rot-Grün drohe. Dabei ging es den meisten Wirten, die in den Altstadt-Treff gekommen waren, um eines — das nackte Überleben. Denn schon knapp einen Monat nach Start des neuen, strengeren Rauchverbots in Gaststätten hätten sie empfindliche Umsatzeinbußen hinnehmen müssen, die oft bei 30 Prozent liegen würden. Wie die WZ berichtete, wollen am 15. Juni deshalb einige Wirte gemeinsam mit Schützen und Karnevalisten demonstrieren, um die Landesregierung doch noch zum Einlenken zu bewegen. Treffpunkt ist um 12 Uhr am Apollo-Platz

Ob Nina Ungermann von der Hausbrauerei Schumacher, Peter Kallen von der Musik-Kneipe Café a Gogo, Narren-Präsident Josef Hinkel oder Schützenchef Lothar Inden — eine illustre Gesellschaft hatten Willi und Annette Helmus am Dienstag in ihrem Lokal versammelt. Unterstützung für die Demonstration gegen das absolute Rauchverbot gibt es auch vom Hotel- und Gaststättenverband und vom Verein „NRW genießt“. Dessen Sprecher Christoph Lövenich schlug den Wirten vor, dass sie künftig alle Partei-Veranstaltungen in ihren Räumen untersagen könnten: „Die sollen mit ihrem Kreisverband auch nach draußen gehen.“ Denn nach dem ersten Monat zeichnen sich nicht nur Umsatzeinbußen ab. Es gibt auch schon jede Menge Ärger mit Nachbarn, die sich über laute Gespräche von Gästen vor der Tür oder Kippen auf der Straße beschweren.

Allerdings sehen das nicht alle Wirte so. „Es gibt keine einheitliche, sondern viele unterschiedliche Meinungen“, sagt Isa Fiedler, Vorsitzende der Altstadtwirte. Zahlreiche Gastronomen begrüßten das Verbot sogar, vor allem solche, die das Qualmen bereits seit drei Jahren verboten haben und positive Rückmeldungen von der Kundschaft bekamen. Andere Wirte — vornehmlich von Eck- und ehemaligen Raucherkneipen — sind naturgemäß dagegen. Diese litten nun gar unter einem „Verdopplungseffekt“, wie es Fiedler nennt. Profitierten sie in der Vergangenheit noch davon, dass Raucher aus anderen Kneipen zu ihnen abgewandert waren, verlieren sie nun ihre Stamm- sowie die neuen Kunden.

Positiv bewertet wird das strickte Verbot hingegen von der Suchthilfe. Obwohl die Zielrichtung des Gesetzes eher der Nichtraucherschutz sei, könne es noch einen positiven Nebeneffekt geben: „Man kann das nicht absolut sagen, aber je mehr man das Rauchen erschwert, desto mehr werden Jugendliche davon abgehalten, mit dem Rauchen anzufangen“, sagt Trudpert Schoner, Leiter der Suchtprävention der Caritas.

Ähnlich sieht das Thomas Lache von der AOK, die mit ihrem Wettbewerb „Be smart — don’t start“ Schüler vom Rauchen abhalten will. „Aus dem politischen Streit halten wir uns raus. Aber gern bieten wir allen Diskutanten, die noch rauchen, die Teilnahme an einem unserer Entwöhnungskurse an. Wer weiß, vielleicht hilft das ja.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort