Brieftauben: Notlandung der Turbo-Tauben

Immer mehr Vögel gehen aus Erschöpfung zu Boden. Strecke von Frankfurt nach Düsseldorf: zwei Stunden Flugzeit.

Düsseldorf. Von Frankfurt nach Düsseldorf in zwei Stunden - das klingt rekordverdächtig. Die Rede ist aber nicht von einem Raser, der über die linke Spur der A 3 geheizt ist, sondern von flotten Vögeln: Brieftauben. Je nach Witterung schaffen die Tiere nämlich eine Wegstrecke von knapp 200 Kilometern in 120 Minuten. Dass es ihnen bei diesem Tempo schon mal schwindelig wird, ist nicht wirklich überraschend. In letzter Zeit häufen sich die Fälle von Tauben, die in Düsseldorfer Gärten erschöpft notlanden.

"Das stimmt, im Moment haben wir viele Anrufe von Leuten, die eine Brieftaube bei sich im Garten gefunden haben", sagt Katrin Porysiak, Leiterin des Clara-Vahrenholz-Tierheims. Die Tiere sitzen einfach erschöpft im Garten und bewegen sich nicht mehr sonderlich. "Die Menschen denken dann, dass die Tauben krank sind. Das ist aber nicht so, sie ruhen sich nur aus." An manchen Tagen entwickele sich das Tierheim zu einem regelrechten Kurort für Brieftauben. "Derzeit haben wir vier Tauben bei uns. Von Juli bis September gibt es in Düsseldorf etwa 100 erschöpfte Tiere", berichtet Porysiak.

Dass es so viele sind, hat aber nichts mit einer gewissen Sommer-Trägheit zu tun, weiß Klaus Kühntopp vom Verband Deutscher Brieftaubenzüchter: "Der Grund ist, dass derzeit nur Jungtiere unterwegs sind." Die Tiere sind noch nicht mal ein Jahr alt und verlieren schneller die Orientierung. "Wenn dann die Erschöpfung eintritt, segeln sie relativ zügig zu Boden und müssen notlanden", sagt der Tauben-Experte.

Die erfahrenen Kollegen vom Fiederfach - Tauben werden im Schnitt etwa zehn Jahre alt - haben während der Sommermonate Flugpause. Sie befinden sich dann in der so genannten Mauser. Das bedeutet, dass sie ihre Federn wechseln und flugunfähig sind.

Was soll man tun, wenn man ein müdes Täubchen gefunden hat? "Am besten in Ruhe lassen", sagt Klaus Kühntopp. "Normalerweise ruhen sich die Tiere zwei bis drei Tage aus und fliegen dann nach Hause." Zur Stärkung würden sich die Vögel über ein Schälchen Wasser freuen. "Und vielleicht ein paar Haferflocken", meint der Verbandsfunktionär. "Aber nicht übermäßig füttern", ergänzt Tierheimleiterin Porysiak. "Die Tauben bleiben oft da, wo es was zu fressen gibt. Das ist auch der Grund, warum sie in ihren Schlag zurückfliegen", analysiert sie die Psyche der erschöpften Tauben.

Früher Vor der Erfindung des Telegraphen waren Brieftauben eine besonders schnelle Möglichkeit zur Nachrichtenübermittlung. Vor allem militärische Informationen wurden schneller übermittelt als durch Reiter.

Heute Brieftauben werden heute fast ausschließlich für sportliche Wettbewerbe gezüchtet. Vor allem im Ruhrgebiet ist der Sport stark verankert. Daher rührt die Redewendung "Rennpferde des kleinen Mannes".

Orientierung Die Tauben orientieren sich mit Hilfe eines Magnet-Sensors, der sich in Nervenzellen am oberen Teil des Schnabels befindet. Mit diesem Sensor können sie die Stärke des Magnetfeldes der Erde messen.

Informationen Alle weiteren Infos gibt es auf der Homepage des Verbandes Deutscher Brieftaubenzüchter.

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