Der „Hirschmann“ hängt im Büro

Christoph Knecht hat den Wettbewerb „Art in the Office“ gewonnen. Dem 26-Jährigen wird eine große Karriere vorhergesagt.

Düsseldorf. Nervös tippelt Christoph Knecht von einem Fuß auf den anderen. Der Künstler soll sich neben sein Gemälde stellen. Er hat gerade den mit 14.500 Euro dotierten "Art in the Office"-Preis einer Unternehmensberatung gewonnen.

Doch neben seinem Werk zu posieren, das ist so gar nicht sein Ding. "Für mich ist das Sozialstress", sagt der 26-Jährige und fügt schnell hinzu: "Aber ich mache das natürlich gerne." Schließlich steht einer der Gönner in Hörweite.

Wer jetzt meint, der Student der Kunstakademie sei kauzig, ist auf dem Holzweg. Das zeigen Knechts Werke: "Mittelstandsrealismus" nennt er die Schaffensphase, mit der er die Jury überzeugt hat. Er hat einen Bronze-Döner auf einen Baumstumpf montiert, einen Hochsitz im Wald pink angemalt, eine Kartoffel zur Handgranate umgebaut, Menschen mit Rehen auf Tortendeckchen kopulieren lassen und dem spießigen röhrenden Hirsch - Inbegriff der Deutschtümelei - eine Menschengestalt und einen Liebestöter verpasst.

Rupert Pfab, "Art in the Office"-Jurymitglied, Galerist und Kunsthistoriker spricht in seiner Laudatio von einem "frechen, vorwitzigen, selbstironischen und respektlosen" Künstler, der die "deutsche Gegenwart persifliert". Man werde noch viel von Knecht hören, der seinen "Roten Faden gefunden hat, der sofort da ist".

Dabei war Knecht lange weg. Gerade erst kommt er von einem Auslandsstipendium in China - ein Land, das ihn schon immer faszinierte und wo er, vor seinem Akademie-Studium, schon einmal als Englischlehrer gearbeitet hat.

"Ich hatte das Gefühl, abhauen zu müssen." Er wollte nicht mehr der "Hirschmann" sein, obwohl diese Werkreihe seine erfolgreichste war. Statt mit dem Finger auf das Biedere zu zeigen und es ins Lächerliche zu ziehen, probierte er sich in seinem einsamen Atelier an neuen Formen und Farben aus.

Der Rote Faden, den Pfab in seinen Werken sieht, macht Knecht Angst. "Den will ich eigentlich immer wieder durchschneiden", sagte er. Er könne sich auch nicht vorstellen, jemals künstlerisch anzukommen. "Was wäre der nächste Schritt? Pinsel weglegen und in den Rhein springen?" Er will noch im schützenden Kokon der Akademie bleiben und alle möglichen Techniken ausprobieren. Seinen inneren Antrieb und seine Ziele mit der Kunst verrät Knecht lieber nicht. Nur soviel: "Es geht um mehr als Kunst und Kohle."

Knecht ist immer auf der Suche nach dem nächsten magischen Moment: "Das hört sich esoterisch an, aber irgendwann macht es klick, und die Idee ist da." Diese Eingabe wird bis zur Vollendung oder Zerstörung verfolgt. "Ich mag keine unfertigen Werke, und die mögen mich nicht", sagt er, lächelt durch seinen roten Bart und fragt nach einer Zigarette - nach all dem Sozialstress.

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