Der Rhein verlässt sein Bett

Während die einen das Naturschauspiel bewundern, müssen andere mit den Konsequenzen des Hochwassers leben.

Düsseldorf. Ein Stück Holz dümpelt auf der Straße zum Fähranleger in Urdenbach. Günter Opherden beachtet es nicht. Zwecklos zu versuchen, die Zufahrt zur Fähre nach Zons freizuhalten. „Ich habe hier vorhin alles weggeräumt, aber das Wasser bringt es sofort wieder zurück“, sagt der Anwohner der Straße „Am Ausleger“.

Steigt der Pegel des Rheins wie in diesen Tagen, gehören seine Frau und er zu den ersten Düsseldorfern, die davon betroffen sind. Ab 6,50 Meter wird der nahe gelegene Ortweg gesperrt — Familie Opherden ist dann von der Außenwelt abgeschnitten. Bis dahin fehlen nur ein paar Zentimeter.

„Noch ist aber alles entspannt“, brummt Günter Opherden und stapft mit seinen schwarzen Gummistiefeln durch das Wasser, das in den Garten seiner Gaststätte „Zum Toni“ schwappt. Kein Vergleich zu Zeiten, in denen sein Haus nur mit einem Boot zu erreichen ist. Trotzdem ist das Vorratslager des 72-Jährigen schon leer — ein sicherer Indikator dafür, wie sich der Pegelstand entwickelt (siehe Kasten).

So gelassen wie Günter Opherden ist Fährmann Tony Mews nicht. Konzentriert blickt er vom Bug des Schiffes in den trüben Rhein. „Man muss bei Hochwasser sehr aufpassen, weil man die Rampe nicht mehr sieht“, sagt er. Schnell könnte die Fähre auf Grund laufen und leckschlagen. „Der Pegel steht jetzt bei 6,16 Metern. Drüben mussten wir zum Anlegen schon auf die Bucht ausweichen, damit die Autos noch rauf fahren können“, sagt der 31-Jährige.

Joggerin Nina Niermann hat ihren Lauf kurz unterbrochen, um zu beobachten, wie sich die Fahrzeuge durchs knöcheltiefe Wasser schieben. Sogar ein Radfahrer ist dabei. Mit Schwung bahnt er sich seinen Weg zur Fähre — anhalten und absteigen würde jetzt nasse Füße garantieren. Noch ein paar Meter. Dann rollt er auf Deck — geschafft.

„Ich bin gerade durch die Urdenbacher Kämpe gelaufen. Da ist der alte Rhein schon über die Ufer getreten“, sagt Niermann. „Gestern war es noch nicht so schlimm.“ Die 30-jährige Berlinerin ist in Urdenbach aufgewachsen. Beim Blick auf das Hochwasser werden Kindheitserinnerungen wach. „Jetzt müsste es nur noch frieren“, wünscht sie sich. „Als Kinder sind wir auf den überfrorenen Straßen immer Schlittschuh gelaufen.“

„Schon ziemlich spektakulär“, findet auch Jürgen Kranz den Anblick des Rheins. Der Wuppertaler war in der Nähe und hatte vom Hochwasser gehört. „So etwas macht einem immer wieder klar, dass man die Natur nicht aufhalten kann“, sagt er beinahe ehrfurchtsvoll.

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