"Volle Kanne": Die Plaudertaschen-Show wird 15 Jahre alt

Pünktlich zum Jubiläum ein launiger Blick auf die Sendung „Volle Kanne“ aus Golzheim.

"Volle Kanne": Die Plaudertaschen-Show wird 15 Jahre alt
Foto: David Young

Düsseldorf. Düsseldorf steht nicht wirklich gut da im Fernsehen. Während es in Köln brummt und der Dom alle paar Minuten auf dem Schirm erscheint, tut sich die Landeshauptstadt mit ihrer medialen Präsenz eher schwer. Einige Hintergrundbilder in der „Aktuellen Stunde“ und ein paar Minisender, bei denen dilettierende Praktikanten versuchen, echtes Fernsehen zu simulieren, sind nicht viel, wenn man ein schönes Bild von Düsseldorf präsentieren will.

Die Lage verschärft sich noch, wenn demnächst nicht einmal mehr die auslaufende „Verbotene Liebe“ den Namen ihres Spielortes ins intrigante Spiel bringen kann. Unter diesen Voraussetzungen ist es durchaus als Qualität einzuordnen, wenn es da noch eine Sendung gibt, die beständig das Düsseldorf-Fähnchen hochhält.

Schüchtern nur, aber immerhin zu sehen zwischen Flensburg und Garmisch. „Volle Kanne“ heißt die Sendung, die im ZDF jeden Werktagvormittag einläutet und sich pünktlich um 9.05 Uhr aus Golzheim meldet. Eine gehörige Weile tut sie das schon. Eine so gehörige Weile, dass es ausreicht, um an diesem Freitag mit der 3582. Ausgabe den 15. Sendungsgeburtstag zu feiern.

Fünfmal die Woche sitzen Andrea Ballschuh, Nadine Krüger und Ingo Nommsen im tristen Zweckbau an der Josef-Gockeln-Straße und tun so, als sei der Tag ein schöner. Vor allem leicht soll es sein, was die Drei da im wöchentlichen Wechsel präsentieren. „Volle Kanne“ ist eine Plaudershow. In anderthalb Stunden wird so getan, als vertrödele man gemeinsam mit dem um diese Zeit nicht werktätigen Zuschauer den Morgen. Auf dem Tisch stehen Marmeladenschälchen, eine Obstschale, ein Blumenstrauß.

Am Tisch sitzen Menschen, die auf ihre Art verhaltensauffällig geworden sind oder nur ein bisschen Aufmerksamkeit brauchen, um das zu befördern, was sie Karriere nennen. Mehrere hundert Gestalten haben da seit dem Start 1999 schon den Vormittag zerredet. Das ZDF spricht von Prominenten, was man glauben kann, wenn man den Begriff Prominenz sehr weit interpretiert. Die Moppel-Autorin Susanne Fröhlich war schon 13mal zu Gast, Jürgen Drews zwölfmal, und Andrea Kiewel, der Einfraugutelaunezirkus in Diensten des Zweiten, wo man mit den Dritten am besten sieht, kann schon auf elf Besuche zurückblicken. Das Morgengrauen hat halt viele Namen. In dieser Woche begrüßte Ingo Nommsen unter anderem eine Chefredakteursgattin, die mal in Kalifornien gelebt hat, eine ehemalige Kickboxerin, ein Model und einen Autor, der nach Nordkorea gereist ist. Wunderbar ließ sich da beobachten, wie herrlich man als Moderator solch einer Sendung den Spagat schaffen kann zwischen Nordkorea („In Pjönjang gab es keine Eisdiele?“), medizinischen Fragen („Praxis täglich: Krätze“) und den Befindlichkeiten von mehr oder weniger jungen Müttern, die ein Buch geschrieben haben.

Buch ist wichtig. Wer ein Buch geschrieben hat, kommt gerne zu „Volle Kanne“ und veredelt mit seiner Anwesenheit auch die ansonsten eher an Magersucht leidende Promibilanz der Landeshauptstadt. Nirgendwo sonst im deutschen Fernsehen darf man so ausgiebig über ein Produkt plaudern. Man muss sich im Gegenzug nur gefallen lassen, dass der Moderator in gleitcremiger Art schnittige Überleitungen findet zum sendungseigenen Fernsehkoch oder zu Problemfilmchen, in denen harte Beziehungs- oder Erziehungsprobleme geklärt werden sollen.

Natürlich wird auch gegärtnert und gelacht und geplaudert und gelacht und geplaudert. „Volle Kanne“ will niemandem wehtun, was wohl vor allem gelingt, weil Menschen, denen man mit solch einer Sendung wehtun könnte, um diese Zeit eher seltener vor dem Fernseher hocken. Die ganze Woche schon hat sich Ingo Nommsen auf den Geburtstag gefreut. „Fuffzehn Jahre“ sagte er dann gerne, und wenn man ihm eine Weile zuschaut, versteht man rasch, warum sich die Macher von „Switch Reloaded“ ausgerechnet den Mann mit der Lizenz zum Allesglattlächeln als Parodieziel ausgesucht haben. Entsprechend dick ist der Kakao, durch den der 43-Jährige dort gezogen wird.

Mit Lust spielt man dort auch mit der Annahme, die Zuschauer von „Volle Kanne“ seien so alt, dass Gefahr besteht, sie könnten das Ende der Sendung nicht erleben. „Schönen Tag. Tschüss“, sagt Nommsen gerne am Schluss der knapp anderthalb Stunden Sendezeit, und so penetrant gutgelaunt wie er das sagt, kann man das auch als Drohung verstehen.

Man kann ihm aber auch danken, weil er was für Düsseldorf tut. Hinter ihm im Studio darf der Blick des Zuschauers gerne auf die Fototapete mit dem Schlossturmpanorama fallen.

Das entschuldigt angesichts der ansonsten eher trüben Fernsehbilanz Düsseldorfs vieles. Auch „Volle Kanne“.

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