Die Videotheken sterben aus

Früher gab es 17 Geschäfte, bald sind es noch sechs. Bei Tümmers ist Räumungsverkauf.

Düsseldorf. Für Dominik Köhler ist es seit 15 Jahren ein festes Ritual. Mehrmals im Monat kommt der 33-Jährige vorbei, stöbert durch die Regale und nimmt sich einen Blockbuster oder Klassiker mit. „Für mich ist das ideal“, sagt der Ratinger, „ich arbeite am Hauptbahnhof und komme auf dem Heimweg vorbei. “

Bald nicht mehr: Ende Februar schließt die Videothek Tümmers am Konrad-Adenauer-Platz — und ist damit nicht die erste. Seit Jahren ist vom Videotheken-Sterben die Rede, auch in Düsseldorf. Bald wird es von den ursprünglich 17 Geschäften nur noch sechs geben. Und ob die sich halten, ist ebenfalls ungewiss.

„Niemand kann heute sagen, ob sie alle verschwinden, vielleicht werden sich ein paar hoch spezialisierte halten“, sagt Sven Schulte, Referent für Handel und Stadtentwicklung bei der IHK, der aber auch aus diesem Bereich ein Beispiel kennt, das es nicht mehr gibt: „Die Filmgalerie an der Brunnenstraße war ganz anders aufgebaut und hat in die alternative Gegend gepasst. Doch selbst die ist weg.“ Die befürchtete Entwicklung gehe also weiter.

„Eine Schande“ sei das, sagt Köhler, der keiner ist, der sich Filme im Internet anguckt, keiner, der anonym bestellt.

Weil er damit aber zu einer aussterbenden Spezies gehört, lohnt sich das Verleihgeschäft immer weniger. Das musste sich Tümmers-Geschäftsführer Rainer Heumann erst kürzlich wieder eingestehen und schließt nun die größte seiner fünf Filialen.

Doch nur über das Internet zu meckern ist dem Mann, der seit 30 Jahren in der Branche ist, zu einfach. So habe es auch Kollegen gegeben, die kaufmännische Fehler gemacht haben. Und auch die Politik sei mit ihrem Sonntags-Verbot nicht unschuldig.

Der Tag, an dem die meisten Menschen frei haben, sei einer der wichtigsten für Videotheken. „In anderen Bundesländern ist das erlaubt, ich weiß von vielen Kollegen, dass sie sonntags eine Menge Umsatz machen. Wir dürfen das nicht.“

Auch das sich verändernde Kaufverhalten spiele eine Rolle. Früher hätten nur Filmfreaks VHS-Kassetten gekauft, heute hat fast jeder DVDs seiner Lieblingsfilme zu Hause. Auch Hendrik von Hooren. „Ich war früher häufiger in Videotheken, jetzt habe ich bestimmt 1000 Filme zu Hause“, sagt der 47-Jährige, der nur deswegen heute bei Tümmers vorbeigekommen ist, um beim Ausverkauf ein Schnäppchen zu machen.

Doch die gibt es meist anderswo. „Saturn oder Media Markt können die Filme fast zum Einkaufspreis raushauen, weil sie sie oft als Lockangebote für andere Produkte nutzen“, sagt Heumann, der zwar auch verkauft, aber bei sieben Euro für einen neuen Film nicht mithalten kann.

Hinzu komme das Online-Angebot. Dabei störe die Kunden noch nicht einmal das Ausleihen. „Wir haben eine Kundenbefragung gemacht. Dabei kam heraus, dass sich die Kunden vorher gern umgucken. Aber wenn der Film vorbei ist, wollen sie nicht noch einmal los, um ihn zurückzubringen“, sagt Heumann.

Dazu kommen die kostenlosen, teils illegalen Seiten, die vor allem bei der jüngeren Generation beliebt sind. „Ich habe kaum noch Kunden unter 30“, hat er beobachtet. „Wer so sozialisiert wurde, dass er alles über Computer oder Smartphone umsonst zur Verfügung hat, kommt gar nicht auf die Idee, für Filme zu zahlen“, weiß auch Sven Schulte von der IHK.

Besonders stark sei der Einbruch bei Pornofilmen zu beobachten. „Früher haben die 25 Prozent des Umsatzes ausgemacht, heute keine zehn“, sagt Tümmers-Chef Heumann.

Er will trotzdem nicht aufgeben: „Es wird immer Leute geben, die sich DVDs leihen. Und so lange es sich lohnt, mache ich weiter. Aber hier am Hauptbahnhof waren die Kosten nicht mehr zu decken.“ So hat er erst vergangenes Jahr auf der Bilker Alle eine neue Filiale eröffnet. Ganz gegen den Trend.

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