Dirk Elbers im Interview: „Düsseldorf hat sich an ein extrem hohes Niveau gewöhnt“

Oberbürgermeister Dirk Elbers (52) über die Altstadt, DEG, Fluglärm-Gegner, die IDR-Affäre und Städtepartnerschaften.

Herr Elbers, wann waren Sie das letzte Mal abends in der Altstadt?

Elbers: Sehr oft bin ich nicht mehr da, aus Zeitgründen. Aber wenn ich einmal dazu komme, dann tue ich es gerne, ich finde, die Altstadt ist nach wie vor ein sehr attraktives Ausgehviertel.

Viele beklagen einen Niveauverfall, eine Ballermannisierung.

Elbers: Wissen Sie, Phänomene wie Junggesellenabschiede gibt es in vielen Großstädten, ich empfinde das als nicht so tragisch. Wenn hier nur noch der Party-tourismus stattfände, das wäre in der Tat schlimm. Aber so ist es nicht, die Altstadt ist doch weit mehr als nur Bolkerstraße.

Muss die Stadt über ihre Marketingtochter DMT dennoch weiterhin um Sauftouristen werben?

Elbers: Generell gilt: Ein Werben um Touristen ist für Düsseldorf unverzichtbar. Es können nicht nur reiche Geschäftsleute in die Top-Hotels kommen, willkommen sind genauso Touristen, die nicht so viel Geld haben. Und wenn wir die Altstadt über viele Jahre als längste Theke der Welt gefeiert haben, dürfen wir uns nicht wundern, wenn das fröhliche Leute anzieht. Wichtig ist ein ausgewogener Mix.

Was halten Sie von der Forderung, Mühlen- und Ratinger Straße teilweise für Autos zu sperren?

Elbers: Das habe ich selbst vor zwei Jahren ins Gespräch gebracht. Zunächst einmal aber müssen die Bauprojekte auf dem Areal des Stadthauses und der Gerichte fertig sein. Der Parksuchverkehr auf der Mühlenstraße muss dann verhindert werden. Bei der Ratinger Straße hilft kein unmotiviertes Totalverbot für Autos, Lieferverkehr muss da möglich sein. Andererseits sollte man die Ratinger als Open-Air-Partystraße unbedingt erhalten, da bin ich gegen alle Restriktionen.

Stichwort DEG: Die Stadt hat jetzt den Zuschuss über 450 000 Euro endgültig bewilligt: Bleibt es bei dieser Einmalspritze?

Elbers: Wir tun ja schon lange viel mehr und helfen der DEG insgesamt mit einem sehr hohen Gesamtbetrag — was viele nicht so wissen. Grundsätzlich ist es aber einfach problematisch, wenn eine Stadt Profivereinen Geld gibt. Die Krise der DEG hat eine große Debatte in der Stadt ausgelöst, was ich gut fand, denn sie hat auch wachgerüttelt. Nun müssen dem Verein aber auch die helfen, die am lautesten schreien.

Solche Subventionen gefährden die Schuldenfreiheit der Stadt.

Elbers: Als ich 2008 OB wurde, hatte das Zeitalter der ganz großen Wohltaten ein Ende, wir gerieten in die Wirtschafts- und Finanzkrise. Zum Glück mit einem ausgeglichenen Etat. Seitdem gilt auch für uns strenge Haushaltsdisziplin. Das Problem ist, dass Düsseldorf sich an ein extrem hohes Niveau gewöhnt hat, da wird vieles als selbstverständlich hingenommen, was in anderen Städten eine Sensation wäre. Wenn ich hier eine neue Sporthalle für fünf Millionen Euro einweihe, heißt es nur: Das wurde aber auch Zeit.

Müssten Sie dann nicht noch konsequenter sparen anstatt die Rücklagen sukzessive aufzubrauchen?

Elbers: Im Prinzip ist das so, denn wir haben es mit Mindereinnahmen bei wachsenden Ausgaben zu tun, insbesondere im Sozialbereich, denken Sie nur an die Hilfen zur Unterkunft. Allerdings ist das mit dem Sparen nicht so leicht, die Stadt hat einen großen Anteil von Pflichtaufgaben. Und wenn man Sparvorschläge macht, gibt es sofort ein Riesengeschrei von allen Seiten.

Wie aktuell bei den Kürzungen im Personaletat. Leiden da nicht auch die Bürger — aktuell etwa im Straßenverkehrsamt?

Elbers: Da wird übertrieben. Wir reden von maximal 200 Stellen — bei 10 000 städtischen Mitarbeitern. Im Straßenverkehrsamt kommen akut drei Probleme zusammen: ein hoher Krankenstand, viele Urlauber und eine ungewöhnlich hohe Anzahl von Kfz-Zulassungen. Ich gebe allerdings zu, dass wir Schwächen in der Personal-Organisation haben. Wir brauchen auch einen besseren Personalentwicklungsplan.

Eine Aufgabe für den neuen Personaldezernenten. Wann findet der oder die sich denn?

Elbers: So schnell wie möglich, wir haben einige vielversprechende Bewerbungen. Mir ist sehr wichtig, dass der oder die Neue sich ganz intensiv ums Personalressort kümmern kann — und nicht etwa als Wirtschaftsförderer noch um die Welt jetten muss.

Zurück zum Geld: Sie forcieren den Kita-Ausbau, aber warum muss deren Besuch für Kinder ab drei gratis sein, Sie subventionieren damit auch steinreiche Eltern.

Elbers: So gesehen hat man auch immer diskutiert, ob Millionäre Kindergeld beziehen dürfen. Wichtig ist mir ein einheitliches und verlässliches Angebot für Familien, dass die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sichert. Zudem ist es eben auch sozialpolitisch sinnvoll, wenn alle eine Chance auf frühkindliche Bildung erhalten. Und schließlich ist das ein Standortfaktor, weil es einen Ansiedlungsaspekt für Unternehmen beinhaltet. Man sieht, wie immer mehr große Firmen in Düsseldorf eigene Kitas gründen. Ich fühle mich in meiner Offensive für den Ausbau der Kinderbetreuung jedenfalls sehr bestätigt.

Viele Kritiker von Kö-Bogen und Wehrhahnlinie fühlen sich dagegen bestätigt, dass diese Mega-Projekte kein Geld für andere Investitionen lassen — vom Aquazoo über Museum KunstPalast bis zum Bahnhofsvorplatz.

Elbers: Richtig ist, dass wir Prioritäten setzen, ganz oben stehen da in der Tat Kö-Bogen und Wehrhahnlinie, weil sie extrem wichtig für die Entwicklung der Innenstadt sind. Aber es wird doch trotzdem an vielen Stellen gebaut und saniert. Bei Aquazoo und Museum Kunst Palast haben wir jahrelang hochtrabende Neubau- und Erweiterungspläne geschmiedet. Und dann gab es plötzlich bei beiden Probleme mit dem Altbestand, was dringende Instandsetzungen zur Folge hatte. Dem stellen wir uns jetzt.

Aber am Konrad-Adenauer-Platz wartet man seit Jahren auf den Umbau.

Elbers: Wie gesagt: Die Anspruchshaltung ist sehr groß. Am besten soll alles sofort erledigt werden. Beim Hauptbahnhof halte ich die Kritik für reichlich überzogen. So schlimm sieht es da nicht aus, dass kann ich im Vergleich gut beurteilen, denn ich komme in Deutschland viel herum.

Was ist mit der plötzlich endenden Rheinuferpromenade?

Elbers: Die Promenade bis zur Rheinterrasse weiterzuführen, bleibt ein sinnvolles Ziel. Uns muss jedoch klar sein, dass wir über ein Luxusproblem reden. Vermutlich lässt sich da mit etwas Kreativität auch ohne ganz großen Aufwand die Situation verbessern.

Stichwort Flughafen: Am Wochenende protestierten Fluglärm-Gegner. Warum muss der Airport eigentlich ein Drehkreuz sein, von den Umsteigern hat die heimische Wirtschaft doch gar nichts?

Elbers: Wenn der Flughafen nicht da wäre, hätten wir ein großes Problem — und die ganze Region auch, denn er ist ein starker Jobmotor. Natürlich habe ich ein Stück weit Verständnis für geplagte Anwohner. Wofür ich kein Verständnis habe, sind von Interessengruppen organisierte Demos.

Die Vorgänge bei der Stadttochter IDR sind ein Thema, das auch die Staatsanwälte beschäftigt. Ist das eine Gefahr für Sie als Aufsichtsratsvorsitzender?

Elbers: Das sehe ich nicht, ich habe mir in Sachen Aufklärung wirklich nichts vorzuwerfen.

Und Sie haben sich damals als Fraktionsvorsitzender gar nicht darum gekümmert, wer die CDU-Partys am Elbsee bezahlt hat?

Elbers: Nein, habe ich nicht. Es gab da keine rauschenden CDU-Partys, das ist eine Mär. Ich erinnere mich an Stehempfänge zum Thema Auskiesung. Und dazu gab’s Grillwürstchen. Die jetzt kolportierten Summen sind völlig unerklärlich. Aber die Vorgänge werden gerade von den Behörden umfänglich untersucht.

In der Sache attackiert die Opposition vor allem beim Thema preiswerter Wohnen: Tun Sie zu wenig?

Elbers: Nein, wir bauen und fördern doch alle Segmente auf dem Wohnungsmarkt. Die Einwohnerzahl wächst seit Jahren — und dennoch muss hier niemand auf der Straße leben. Im Gegenteil: Wir verzeichnen eine leicht steigende Leerstandsquote. Es bringt mehr, angesichts der alternden Gesellschaft über neue Wohnformen nachzudenken, anstatt pauschal eine Ausweitung des sozialen Wohnungsbaus zu fordern.

Sie fahren diese Woche in die Partnerstadt Warschau: Wie wichtig sind Ihnen solche Verbindungen?

Elbers: Sehr wichtig, Düsseldorf ist eine internationale Stadt. Aber: Partnerschaften müssen gelebt werden, sie müssen in konkrete Projekte fließen. So gesehen, können wir mit unseren Partnerschaften zufrieden sein, die beinhalten mehr als Wirtschaft und Handel — es gibt Schüleraustausch, kulturelle und sportliche Begegnungen. So wie jetzt, wenn die Symphoniker zum renommierten Beethoven-Festival nach Warschau reisen.

Braucht Düsseldorf eine weitere Städtepartnerschaft?

Elbers: Nein. Natürlich kooperieren wir auch mit anderen Städten in der Welt. Wir haben etwa gute Beziehungen zu den Benelux-Ländern. Diese wollen wir weiter ausbauen.

Was machen Sie im Herbst 2014?

Elbers: Womöglich sitzen wir wieder zusammen und sprechen über die Zukunft der Stadt.

Können Sie sich dann noch auf eine schwarz-gelbe Ratsmehrheit stützen?

Elbers: Als OB muss man zwar mit allen demokratischen Parteien zusammenarbeiten können, aber eine verläßliche, klare Ratsmehrheit ist schon sehr wichtig. Die Kooperation mit der FDP seit 1999 hat sehr gut geklappt.

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