Ein Theaterstück zum Buchen: Gefangen in der virtuellen Welt

Das Stück „Gaming“ tourt durch Schulen und Jugendeinrichtungen. Es soll die Risiken von Online-Spielen bewusster machen.

Düsseldorf. „Das Abmetzeln macht am allermeisten Spaß!“ Mit diesen Worten beschreibt der junge Mann auf der Bühne seine Leidenschaft für Computerspiele. Es ist die Premiere eines neuen Theaterstückes im Spektakulum: Vor einem riesigen, an die Wand projizierten Computerbildschirm, auf dem die Zuschauer sein Eintauchen in die virtuelle Welt mit verfolgen können, sitzt Niko, gespielt von Ali Murtaza, ganze Nachmittage lang. Er will mit seinem Freund Elias (Baris Öztürk) in einem Online-Spiel das nächsthöhere Level erreichen. Beide sind Außenseiter in der Schule — und die virtuelle Identität ist für sie die Chance, einmal die Helden zu spielen.

Was im wirklichen Leben nur schwer zu erreichen ist, macht die fiktive Welt möglich: Durch das Online-Spiel kommen die beiden sogar der begehrten Klassenkameradin Louisa (Svenja Stahlschmidt) näher. Die Grenzen zwischen realem Leben und virtueller Realität verschwimmen zusehends.

Dass Niko dabei den Bezug zur Realität zu verlieren scheint, wird durch die Inszenierung verdeutlicht. Regisseurin Brigitta Gillessen verknüpft im schnellen Wechsel Bühnen- und Videospiel miteinander. Die Protagonisten präsentieren sich in diesen verschiedenen Welten jeweils selbst und treten in Interaktion mit dem Publikum. Doch speziell bei Niko wird durch sein immer aggressiveres Auftreten klar, dass er das Spiel in die Realität zu übertragen scheint. Aus Fantasie und Spiel wird schnell Ernst.

Ali Murtaza, der den jungen Mann auf dem schmalen Grat zwischen virtueller und realer Identität spielt, hat selbst auch Erfahrungen in der Welt der Computerspiele gesammelt: „Privat zocke ich hin und wieder Fußball-Computerspiele. Als ich 18 war, habe ich aber auch manche Lan-Party mitgemacht“, berichtet der 1985 in Oberwesel geborene Schauspieler. Damit sind Treffen gemeint, bei denen die Teilnehmer an vernetzten Computern miteinander spielen.

Am Theater arbeitete er auch schon im pädagogischen Bereich mit Jugendlichen zum Thema Mobbing und Aggressionsbewältigung. Nach einem Casting im Juli in Düsseldorf wurde er schließlich von Brigitta Gillessen für „Gaming“ engagiert. „Ich habe mit ihr viel über meine Rolle geredet, wir haben Videos von Schießereien angeschaut und bis zuletzt an den Monologen gefeilt“, erzählt Murtaza. Herauskommen sollte kein simpler Computer-Freak: Das von Land und Stadt unterstützte Theaterstück soll Aufklärungsarbeit leisten. Mit dem von ihr geschriebenen Schauspiel „Gaming“, das vom NRW-Familienministerium und dem Kulturamt gefördert wurde, möchte die Regisseurin die Zuschauer für die Reize und Risiken von Online-Spielen sensibilisieren: „Ich habe für die Erarbeitung mit Schülern und Computerspielern gesprochen, mich beim Spielen neben sie gesetzt und sie beobachtet.“

Daraus entstanden ist nach einjähriger Arbeit ein Bühnenstück, das nun auf Gastspieltour durch Schulen und Jugendeinrichtungen geht, um Aufklärung zu leisten. Nach der Vorstellung gibt es Diskussionen mit den Schülern, auch ein Workshop zum Thema wird angeboten.

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