Frau stirbt bei „Geistheilung“

Eine 37-jährige gebürtige Marokkanerin aus Düsseldorf wollte ihre Depressionen behandeln lassen.

Düsseldorf. Die Siedlung in Holthausen wirkt ganz normal. Ein typisches Stück Deutschland, wie man es in jeder Stadt findet. Sozialer Wohnungsbau aus den Siebzigern. In einer Wohnung an der Eichenkreuzstraße wohnte Leyla B. (37) mit ihrem Ehemann und zwei Kindern. Eine ganz normale Familie.

Leyla B., im marokkanischen Nador geboren, hatte seit fast zehn Jahren einen deutschen Pass. Doch die Tünche der Integration war dünn. Denn Leyla B. ist am Sonntag gestorben, weil sie sich in die Hände eines islamischen Geistheilers begeben hat. In einem mittelalterlich anmutenden Ritus ertrank die Frau in der Badewanne ihrer Düsseldorfer Wohnung.

Seit April litt die zweifache Mutter (ein fünfjähriger Sohn, eine acht Jahre alte Tochter) unter Depressionen. "Sie hat sich in medizinische Behandlung begeben. Ohne Erfolg", erklärt Andreas Stüve von der Staatsanwaltschaft Düsseldorf. In ihrer Verzweiflung suchte sie spirituelle Hilfe. Im Sommer reiste sie nach Marokko und suchte bereits dort einen Geistheiler auf.

Nach kurzer Besserung kehrten die Depressionen zurück. Von einer Freundin erfuhr sie von Faris Z. aus Viersen. Der 33-jährige Iraker, der sich illegal in Deutschland aufhält, "praktiziert" als islamischer Heiler. Leyla B. wollte unbedingt die Behandlung durch den "Hodscha", wie sich Z. selbst nannte.

Der Ehemann holte den "Heiler" am Sonntag ab. Gegen 13 Uhr begann das Martyrium von Leyla Z. Zunächst musste sie große Mengen Wasser zu sich nehmen, das Faris Z. vorher durch Koran-Suren "gesegnet" hatte. Fast zwei Liter trank sie aus einem Pappbecher. "Sie musste sich dabei mehrfach übergeben", sagt Stüve. Die Frau war wohl auch wegen des Ramadan geschwächt.

Danach, gegen 15 Uhr, musste sich die 37-Jährige in eine mit warmem Wasser gefüllte Badewanne legen. Dabei ging es ihr zusehends schlechter, sie verlor schließlich das Bewusstsein und drohte unterzugehen. Der Ehemann wies den "Hodscha" immer wieder auf den Zustand seiner Frau hin, Z. stand vor der Badezimmertür und gab Anweisungen. Als Geistlicher darf er keine fremde Frau nackt sehen. Er wies den Ehemann an, mehr als ein Pfund Salz ins Wasser zu kippen. Die Frau schluckte mehrfach Wasser. Der "böse Geist" in ihr müsse leiden, soll Faris Z. gesagt haben.

Der Ehemann zog sie schließlich aus der Wanne, bedeckte sie und legte sie im Wohnzimmer auf die Couch. Dort sprenkelte der Hodscha "gesegneten" Essig auf den Kopf der Frau und zündete Räucherstäbchen an. Erst gegen 19 Uhr rang sich der Ehemann dazu durch, über eine Nachbarin den Notarzt zu rufen. Die Hilfe kam zu spät. Der Ehemann und Faris Z. müssen sich jetzt wegen fahrlässiger Tötung verantworten. Der "Heiler" sitzt in U-Haft.

Hintergrund Die islamische Geistheilung ist vor allem unter Arabern populär. Faris Z. war in Düsseldorf sehr bekannt. In der arabischen Szene wurde seine Telefonnummer weitergegeben. Viele "Patienten" berichteten in Kulturvereinen und Moscheen von seinen "Heilerfolgen". Den Titel "Hodscha" trug er ohne Berechtigung.

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