Gedenken an den Majdanek-Prozess

Landgericht erinnerte an das lange Verfahren gegen KZ-Aufseher.

Düsseldorf. Am Donnerstag vor 30 Jahren ging am alten Landgericht an der Mühlenstraße ein Marathon-Verfahren zuende, das weltweit für Aufsehen sorgte und längst Rechtsgeschichte ist: der Majdanek-Prozess. Angeklagt waren ein knappes Dutzend Aufseher in dem gleichnamigen Konzentrations- und Gefangenenlager bei Lublin.

Nach fünfeinhalb Jahren Verhandlungen, in denen 350 Zeugen, darunter 215 ehemalige Häftlinge aus der ganzen Welt gehört wurden, wurden am Ende von Richter Günter Bogen relativ milde Strafen ausgesprochen. Nur zwei Frauen mussten lange ins Gefängnis: Hildegard Lächert (Spitzname: „blutige Brigitte“) zwölf Jahre, Hermine Ryan-Braunmeister lebenslänglich. Sechs SS-Männer erhielten Haftstrafen von drei bis zehn Jahre, zudem gab es einige Freisprüche. Viele Beobachter im In- und Ausland urteilten harsch: Das böse Wort vom „Schandurteil“ machte die Runde.

Wolfgang Weber war damals — neben dem im März verstorbenen Dieter Ambach — einer der beiden Staatsanwälte und am Donnerstag Gast der Gedenkveranstaltung zum 30. Jahrestag der Urteilsverkündung im neuen Gericht am Oberbilker Markt. Er sagt: „Zumindest hat der Richterspruch die Opfer gehört und ihnen Recht gegeben.“ Heiner Blaesing, der Präsident des Landgerichts, erzählte, wie skeptisch er als junger Mensch das umfangreichste Verfahren in Deutschland zur Aufarbeitung der Nazi-Gräuel verfolgte: „Aber in der Rückschau muss man sehen, dass es auch ein ordentlicher Strafprozess war. Und in dem ging es darum, individuelle Schuld nachzuweisen.“ Sein Resümee heute: „Das Verfahren war notwendig, aber nicht abschließend.“

Und deshalb beschäftigt Majdanek Juristen und Historiker noch immer. Wiener Forscher stellten am Donnerstag ein neues Buch vor: „Das KZ Lublin-Majdanek und die Justiz. Strafverfolgung und verweigerte Gerechtigkeit“. Danach wurden in dem ersten von den Alliierten befreiten Vernichtungslager (Herbst 1944) etwa 80 000 Menschen ermordet, lange war man von der fünffachen Zahl ausgegangen, weil die Befreier in Majdanek 800 000 Schuhe fanden. Der Großteil hatte Mordopfern in anderen KZs gehört.

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