Gerda Tegtmeier ist Helferin aus Leidenschaft

Die 69-Jährige bringt Menschen zusammen. So wirkt sie in ihrem Umfeld und hilft außerdem jungen Familien.

Düsseldorf. Seit über 20 Jahren wohnt Gerda Tegtmeier in der Füsilierstraße zwischen Frankenplatz und Ulmenstraße. Vor einiger Zeit ist ihre Miete erhöht worden, was die Frau mit etwas Sorge erfüllt: „Jetzt, wo das Gefängnis weg ist, werden hier die Mieten sicher steigen.“

Die Gegend, in der die rührige Rentnerin wohnt, ist im Wandel. Wenige Meter entfernt wächst auf dem einstigen Rheinmetall-Gelände rasant die Unternehmerstadt. Die Agentur Grey ist hergezogen, viele Wohnungen — zum Teil nicht gerade billige — sind in der Gegend entstanden.

Solange dadurch die Mieten nicht steigen, spielt das allerdings für Gerda Tegtmeier keine große Rolle. Die Füsilierstraße hat immer noch ihren besonderen Charakter: die Enge, die fehlenden Bäume, viele Häuser aus der Vorkriegszeit. Daneben der Frankenplatz, wo Gerda Tegtmeier schon oft mit ihren Enkelkindern gespielt hat. „Über die Kinder kommt man auch mit Menschen ins Gespräch.“

Sie ist nicht nur offen für Menschen, sie hat als langjährige Kitaleiterin auch viel Erfahrung mit Kindern. Und so wurde sie von der Evangelischen Familienbildung angesprochen, ob sie nicht für die Initiative „Wellcome“ Eltern von Neugeborenen unterstützen wolle. Sie sagte zu, obwohl sie für die Kirche schon ehrenamtlich mehrere Aufgaben übernommen hatte. Zum Beispiel begleitet sie regelmäßig Beerdigungen, unter anderem dann, wenn damit zu rechnen ist, dass weder Freunde noch Angehörige auftauchen. Aber: „Ich kann eben schlecht Nein sagen.“

Auf die Frage, warum sie sich ehrenamtlich engagiert, lächelt Gerda Tegtmeier fast schelmisch: „Auch ein bisschen aus Eigennutz“, sagt die 69-Jährige. „Kinder sind einfach faszinierend, man bekommt viel zurück.“ Es funktioniert so: Die Efa vermittelt ihr Familien in Derendorf und Umgebung mit Neugeborenen, die Unterstützung brauchen. Worin die besteht, klären beide Seiten dann selbst.

Manche wollten Unterstützung im Haushalt. Bei ihrer aktuellen Familie kümmert Gerda Tegtmeier sich vor allem um die zweijährige Schwester des Säuglings: „Die älteren Geschwister fühlen sich ja oft vom Thron gestoßen.“ Schwierig sei nur, ihnen nach ein paar Monaten zu erklären, dass man nicht mehr kommt.

Das Angebot ist nicht speziell für Familien mit Problemen oder Alleinerziehende gedacht, sondern für alle. Die Ehrenamtler sollen praktisch helfen. Allerdings fallen Gerda Tegtmeier mit ihrer pädagogischen Vorbildung schon Sachen auf: „Die Beziehung leidet oft nach der Geburt, Männer fühlen sich zurückgesetzt.“ Da rät sie dann, Beratungsangebote wahrzunehmen. Sie hat auch erlebt, dass Vater und Mutter gegensätzlich erziehen. Viele Kinder reagierten darauf aggressiv.

Gerda Tegtmeier hätte Anfang der 70er auch gern solche Unterstützung gehabt, nachdem ihre Tochter auf die Welt kam. Ihr Mann ist inzwischen verstorben, sie lebt allein, fühlt sich aber nicht einsam. In ihrem Haus kennt sie die anderen Bewohner, man unterhält sich im Treppenhaus, ein Nachbar macht auch mal kleine Reparaturen in ihrer Wohnung. Kennen gelernt hat ihn Gerda Tegtmeier, als sie noch in der Kita arbeitete. Damals fehlte kurzfristig ein Nikolaus. Also klingelte die Erzieherin beim Nachbarn, der erstmal nachdenken wollte: „Ich bin einfach stehen geblieben, bis er Ja gesagt hat.“

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