Jürgen Weber kämpft um seinen Sohn Sascha (10)

Jobcenter muss die Reise zum Kind in Indonesien zahlen — was steckt dahinter?

Jürgen Weber kämpft um seinen Sohn Sascha (10)
Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. Im Wohnzimmer von Jürgen Weber stapeln sich Ordner mit amtlichen Briefen, Fotos, Aufzeichnungen: „Kidnapped“ steht auf einem geschrieben, darunter das Foto eines Jungen. Der Junge ist Webers Sohn Sascha, seit mehr als drei Jahren kann er ihn nicht sehen. Seine Frau hat Sascha nach Indonesien mitgenommen.

Doch in wenigen Tagen wird er ins Flugzeug steigen und seinen Sohn für drei Wochen besuchen. Die Geschichte hat für Aufsehen gesorgt, weil Weber Hartz-IV-Empfänger ist und der Staat die Reisekosten übernimmt, wie die WZ berichtete. Wer ist der Mann, der jahrelang mit einer Behörde darum stritt, dass sie ihm diese Reise ermöglicht? Die WZ hat Jürgen Weber besucht.

Es dauert eine Weile, bis er dazu kommt, einem die eigentliche Geschichte vom Verlust seines Sohnes zu erzählen. Weber ist in diesen Tagen ziemlich überlastet, Medien melden sich bei ihm, es gab auch schon Kritik vom Bund der Steuerzahler an den 2100 Euro, die er vor Gericht für Flug und Aufenthalt erstritten hat.

Zudem hat er zu tun. „Ich bin kein typischer Hartz-IV-Empfänger, sondern Selbstständiger“, sagt Jürgen Weber (62) mit Trotz. Er ist Künstler, macht Bodypaintings, Messebauten. Doch es bleibt nicht genug übrig, um davon zu leben. Früher habe er in verschiedenen Berufen gearbeitet, auch gut verdient. Doch dann ließ ihn ein Freund sitzen, mit dem er ein Geschäft aufbaute. Weber blieb auf ungefähr 40 000 Euro Schulden sitzen.

Seine Frau hatte er kurz zuvor in Indonesien kennen gelernt, wo er damals beruflich viel zu tun hatte. Sie heirateten, sie zog her, 2004 wurde Sascha geboren. Doch die Beziehung litt auch unter Webers wirtschaftlichen Problemen, irgendwann begann seine Frau davon zu reden, wieder nach Indonesien zu gehen.

2010 musste Weber für eine Woche nach Österreich. Als er zurückkam, waren beide weg. „Eigentlich hätten sie gar nicht durch den Zoll kommen dürfen“, sagt er schulterzuckend. Er habe sich immer um die Erziehung gekümmert, auch die Windeln gewechselt: „Sascha war immer ein Papakind“. Jetzt war das Papakind vaterlos. Weber versuchte alles, wandte sich ans Auswärtige Amt, die Botschaft. Aber nur eine Anzeige in Indonesien gegen seine Frau zu stellen, hätte mehrere tausend Euro gekostet.

Immerhin, Weber telefoniert mit Sascha, manchmal kommt ein Brief. Doch die Reise dorthin kann er sich nicht leisten, also beantragte er Unterstützung beim Jobcenter. Das lehnte ab, die Sache ging vor Gericht. Nun, nach Jahren, hat er Recht bekommen.

Nächste Woche wird Weber fliegen. Er freut sich auf seinen Sohn, aber er hat auch ein mulmiges Gefühl. Wie wird seine Frau sich verhalten? Weber hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass sein Sohn wieder zurückkommt. Seine Frau habe zuletzt davon gesprochen, vielleicht wieder nach Deutschland zurückzukehren.

Das Zimmer von Sascha sieht immer noch genauso aus wie im Jahre 2010. Sogar ein verpacktes Geschenk liegt noch auf Saschas Bett.

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