Düsseldorf Die kleine Geschichte des Telefonbuchs

Vor dem Carsch-Haus wird derzeit das neue Telefonbuch verteilt — es ist in den vergangenen Jahren dünner geworden.

Düsseldorf: Die kleine Geschichte des Telefonbuchs
Foto: Sergej Lepke/ DeTeMedien

Düsseldorf. Wird das Telefonbuch womöglich immer dünner? Diese Frage könnten sich die Besucher vor dem Carsch-Haus stellen, wo die Exemplare derzeit unter die Leute gebracht werden. Denn: Vom Umfang her sind Telefonbuch und Gelbe Seiten mittlerweile kaum noch auseinanderzuhalten.

Düsseldorf: Die kleine Geschichte des Telefonbuchs
Foto: ZDF

Aber wie sah das Telefonbuch früher eigentlich aus? Und: Müssen sich Düsseldorfer, die einem ähnlichen Hobby wie einst der Wiener Franz Bierbaum frönen, sich etwa bald eine neue Freizeitbeschäftigung suchen? Bierbaum, der 1993 bei „Wetten dass?...“ im ZDF angetreten war und Telefonbücher im Schnelldurchgang zerrissen hatte? Die WZ ist diesen Fragen einmal nachgegangen.

Düsseldorf: Die kleine Geschichte des Telefonbuchs
Foto: ZDF

Das erste Telefonbuch erschien vor rund 130 Jahren in Berlin - von einem dicken Schinken konnte auch damals keine Rede sein. Es umfasste gerade einmal „187 Einträgen in einem unscheinbaren Heft mit Pappeinband“, erklärt Historikerin Gerhild Komander, die ein Buch über die Geschichte des „Verzeichniss der bei der Fernsprecheinrichtung Betheiligten“ geschrieben hat, auf ihrer Homepage.

Nur „mit sanfter Gewalt“ habe der Reichspostminister damals Bankiers oder Unternehmer zur Teilnahme am Fernsprechverkehr bewegen können — was schließlich in einem Eintrag ins Telefonbuch mündete. Weil sie nicht glaubten, dass sich der Fernsprecher, die Erfindung aus Amerika, durchsetzt, sei das Verzeichnis im Volksmund anfangs noch als „Buch der 99 Narren“ verspottet worden.

In Düsseldorf erscheint das Telefonbuch wie wir es heute kennen erst sehr viel später. Allerdings existieren vorher längst Adressverzeichnisse, in denen Name und Anschrift von Düsseldorfern vermerkt sind. Das älteste Exemplar, das im Stadtarchiv auf Mikrofilm vorliegt, stammt aus der Mitte der 1830er Jahre. „Adreß-Buch für Rheinland-Westphalen — Zum Vortheil armer Kranken“, lautet der Titel des Buches, das unter anderem die „Regierungs-Bezirke Düsseldorf und Arnsberg vollständig, von Köln und Koblenz aber nur alle auf der diesseitigen (rechten) Rheinseite gelegenen Ortschaften“ umfasste. Herausgegeben hatte das „Adreß-Buch“ Rüttger Brüning, Oberbürgermeister der Stadt Elberfeld.

Verzeichnet sind vorwiegend Beamte und Adlige, Geistliche oder Ärzte, Kaufleute und Handwerker. Und so tauchen dort auch längst vergessene Berufe, wie der des „Hofstiefelmachers“, des „Regenschirm- oder Handschuhfabrikanten“ oder die Adresse einer „Türkischrotfärberei“ auf. Die Berufsbezeichnung findet sich auch im Adressverezichnis von 1844 hinter jedem Eintrag: Privatsekretäre sind nun ebenso aufgeführt, wie Kleidernäher und Vergolder, Büstenmacher, Schreiber, Witwen oder Tagelöhner.

Später kommen zur besseren Orientierung noch Skizzen der entsprechenden Straßenzüge und Bilder dazu: Zum Beispiel von der Kreuzherrenkirche an der Ratinger Straße. Im Adressbuch von 1922 finden sich zudem die Trainingszeiten einzelner Vereine. So erfährt der interessierte Leser etwa, dass „Mittwoch abends von 8 1/2 bis 10 Uhr die Männerriege von 1898 turnt.“ Noch findet sich längst nicht hinter jedem Eintrag eine Telefonnummer.

1977 sind die Berufsbezeichnungen aus dem Adressverzeichniss verschwunden, dafür wird ordentlich Werbung gemacht. Für das neue Haus der Kammerspiele Düsseldorf an der Jahnstraße zum Beispiel — mit „220 Plätzen und vollklimatisiert“ oder einen Tapeten-Händler, der mit dem recht einfachen Slogan: „Wenn man über Tapeten spricht, denkt man an die Tapeten-Passage“ für sich wirbt.

Herausgegeben und verlegt wird das Düsseldorfer Telefonbuch seit 1937 durch die Deutsche Postreklame (seit 1994 DeTeMedien) und dem Schwann Verlag. „In der Tat ist Das Telefonbuch in seiner gedruckten Form in Düsseldorf in seiner Haptik dünner geworden“, erklärt Daniela Bickel, bei der DeTeMedien zuständig für Marketing und Kommunikation und verweist auf „produktionstechnische Optimierungen“. Sprich: Das Papier ist dünner und die Schriftgröße kleiner geworden.

Außerdem spiele sich die Telefonnummern-Suche heute weitestgehend im Internet ab. Die Onlineversion erlebt im Gegensatz zum Printprodukt eine „Steigerung der beauskunftbaren Daten“, die beispielsweise aus sozialen Netzwerken stammen. Das „stetig wachsende Online- und Mobilverzeichnis, ist daher das Kernprodukt der Marke DasTelefonbuch“, so Bickel. Übersetzen lässt sich dieser etwas kryptische Satz so: Die Printversion als Nachschlagwerk für Menschen, denen der Umgang mit dem Internet eher fern liegt, spielt nur noch eine untergeordnete Rolle.

Nicht äußern will sich die DeTeMedien zu der Frage, ob in der Printversion auch die Zahl der Einträge zurückgegangen ist — zum Beispiel weil immer mehr Menschen aufs Handy umsteigen.

Übrigens wird nur ins Telefonbuch aufgenommen, wer dem Eintrag zugestimmt hat. Wer es sich anders überlegt hat, dem bleibt nur eines: Bei der Telekom anrufen, den Eintrag löschen lassen und auf die Herausgabe des nächsten Telefonbuchs warten — das dann vielleicht noch etwas dünner ist.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort