Kriminalität: Mafia auch in Düsseldorf

Die Polizei spricht nicht gerne darüber, aber brutale Banden treiben bei uns ihr Unwesen. Gestern erneut ein Prozess.

Düsseldorf. Der Begriff stammt aus Süditalien: Omertà - "die Mauer des Schweigens". Wer in Sizilien offen über die Mafia redet, lebt gefährlich. Auch in Düsseldorf gibt es Verbrecherbanden, die man als mafiös bezeichnen kann. "Organisierte Kriminalität" nennt das die Polizei im Behördendeutsch und hält sich ansonsten selbst konsequent an die Omertà. "Aus grundsätzlichen Erwägungen heraus will das Polizeipräsidium zur Organisierten Kriminalität nichts sagen", erklärt Jürgen Schneider, der Kripo-Chef.

Eine Übersicht über die Lage in Düsseldorf ist daher schwer, doch zwei Fälle aus jüngster Zeit zeigen, dass es auch in der Landeshauptstadt Verbrecherbanden gibt, die ihre Ziele zur Not mit brutaler Gewalt durchsetzen.

Ende Januar ließ die Polizei eine libanesische Bande auffliegen, die Landsleuten Schutzgelder abgepresst haben soll. "Zahl’ oder ich mach dich kalt", drohten danach die Täter - fünf Männer wurden verhaftet.

Gestern begann im Gerichtsbunker in Hamm unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen ein Prozess gegen eine kurdische Truppe. Sie soll türkische und griechische Geschäftsleute erpresst haben. Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht hatten entschieden, den Prozess hinter Panzerglas abzuhalten. Sie befürchten Angriffe auf Zeugen, welche die Angeklagten belastet hatten. Die vier Beschuldigten aus Düsseldorf, Köln und Monheim sollen im Sommer 2006 versucht haben, in Spielhallen und Geschäften rund um den Hauptbahnhof Geld einzutreiben. Von dem Spielhallenvertreter hätten sie 20 000 Euro verlangt. Das Opfer informierte die Polizei, bei der Geldübergabe konnten die Männer festgenommen werden. Es gibt Hinweise, dass das Schutzgeld zur verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK fließen sollte.

Die Schutzgelderpressungen bilden jedoch nur einen kleinen Teil der mafiösen Strukturen. "Ein Problem ist auch die Türsteherszene", sagt Norbert Wagner, Abteilungsleiter Organisierte Kriminalität im Landeskriminalamt. Verbrecherbanden, oft türkisch oder arabisch, übernehmen den "Schutz" der Diskos und wickeln dort Drogengeschäfte ab, erpressen Schutzgeld oder suchen sich Mädchen für die Prostitution.

In einem ähnlichen Feld operieren die Russen und die Russlanddeutschen. Diese Gruppe ist vor allem im Rotlichtmilieu aktiv, betreibt Menschenhandel und zwingt Frauen aus dem Osten in die Prostitution. Schutzgelderpresser können auch "echte" Deutsche sein - die Hell’s Angels Düsseldorf sind das prominenteste Beispiel. Ihnen wurde aber vor einiger Zeit das Handwerk gelegt. In Düsseldorf sind in diesem Bereich auch die kurdischstämmigen Libanesen sehr aktiv.

Begriff Die Organisierte Kriminalität (OK) zeichnet sich durch eine Struktur der Tätergruppe aus. Es ist ein "Gesamt-Täterwesen" - gemeint ist ein gemeinsames Vorgehen in der Gruppe.

Zahlen In Nordrhein-Westfalen gab es 2005 63 Ermittlungsverfahren im Bereich OK, eine deutliche Steigerung gegenüber den Vorjahren. Für 2006 liegen die Zahlen noch nicht vor. In diesen Verfahren wurden über 4000 Straftaten verfolgt und 882 Tatverdächtige ermittelt.

Herkunft Organisierte Kriminalität ist international und grenzübergreifend. Deutsche Täter machen 39 Prozent der Verdächtigen aus. Die nichtdeutschen Täter stammen aus 40 Staaten. Die Top 5 der Nationen: 1. Deutschland; 2. Türkei; 3. Niederlande; 4. Polen; 5. Frankreich. Italien liegt nur auf Rang 8.

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