Anemone Tontsch: Vom Streichholz zur Halskette

Die Pionierin des alternativen Schmuckdesigns, Anemone Tontsch, feiert Jubiläum.

Düsseldorf. 25 Jahre sind vergangen, seit Anemone Tontsch ein schwarz-weiß gestreiftes Kinderboot in die Werkstatt an der Franklinstraße schleppte, um das Schaufenster zu dekorieren. Schwarz-Weiß wie ein Zebra sollte das Dekoteil für die neue Schmuckgalerie sein. „Zebras erkennen sich alle untereinander, sind sehr verschieden und lassen sich nicht zähmen“, erklärt sie ihre schöne, kleine Firma. Und da sie längst international agiert, schreibt sich das Zebra mit C. Seit 18 Jahren sitzt sie an der Andreasstraße 25. Nun feiert sie ihr 25-jähriges Jubiläum.

Anemone Tontsch (52) stammt aus Siebenbürgen und erlebte als Kind die „Erschütterung aller Werte“, wie sie sagt. Sie lernte, mit dem Nichts umzugehen. Ihre erste Begegnung mit Deutschland, in dem alles in Hülle und Fülle zu haben ist, geschah in einem Kiosk. Dort arbeitete sie tagsüber und bekam als Lohn an jedem Tag ein anderes Essen. Erst als ihre Mutter eine Anstellung als Lehrerin in Düsseldorf erhielt, war das Leben gesichert. Die Tochter konnte an der berühmten Rietveld-Akademie in Amsterdam angewandte Kunst studieren.

Sie wurde zum Materialfetischisten. Oder genauer: Ihre Aufgabe in der Geschichte der Schmuckgestaltung sieht sie darin, unübliche Materialien für den Schmuck zu verwenden. Gemüse, Schneckenhäuser, Blätter und Gras sind keine Seltenheit. Streichhölzer werden wie Perlen angebohrt, gefädelt und mit einem Mittel lackiert, so dass die Kette schwer entflammbar macht.

Zufälle spielen bei ihr eine große Rolle. Sie erzählt: „Vor sechs Jahren kamen die Schnapsfläschchen im Karneval auf. Als der Narrenzug vorüber war, lagen auf dem Boden statt der sonst üblichen Kamelle kleine, bunte Deckel. Die habe ich gesammelt und zu Ketten verarbeitet. Als Verschluss nahm ich Teile einer Wasserflasche.“

Auf einer Messe verlief sie sich und landete in einer Kosmetikabteilung mit Blüten aus Seife. Daraus entstanden ihre Seifenketten. Und wo Seifen sind, gibt es auch Seifenblasen. Die gläsernen Blasen entdeckte sie am Worringer Platz, sie werden noch immer in Ketten verwandelt.

Aus Jux und Dollerei rief sie einen 1. April zum Möhrentag aus. Sie wusste, dass sich Möhren im Laufe der Zeit zusammenziehen, weil sie fast nur aus Wasser bestehen. Der Schrumpfungsprozess war der Ausgangspunkt für kuriose Ringe.

Cebra ist längst eine gute Adresse für alles Ausgefallene. Anemone Tontsch entdeckt regelmäßig neue Talente, die sie „begleitet“, wie sie es nennt. Das heißt, sie stellt sie aus, bringt sie zum Verkaufserfolg und hat auf diese Weise in 25 Jahren 240 Mitstreiter um sich geschart. Eine Künstlerin hat soeben Arbeitshandschuhe geschickt zerschnitten und zusammengefügt, so dass sie weich und wohlig um den Hals liegen. Und die Hüllen für Kaugummi lassen sich auf Holz fixieren und als Armreif benutzen.

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