Klassik Bekenntnis zur Geschichte der Symphonie

Der neue Chefdirigent der Düsseldorfer Symphoniker, Adam Fischer, will sich vor allem Joseph Haydn und Gustav Mahler widmen.

Klassik: Bekenntnis zur Geschichte der Symphonie
Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Er will in Düsseldorf das Gesamtwerk von Gustav Mahler aufführen, der künftige Symphoniker-Chef Adam Fischer. Recht leise hat er bei seinem jüngsten Besuch in Düsseldorf angefügt, dass er Mahler mit den Symphonien von Joseph Haydn kombinieren wolle. Eine solche Aussage ist mehr als eine reine Programm-Ankündigung, sie ist ein Bekenntnis zur Geschichte der Symphonie in der Tradition der Wiener Klassik.

Fischer gehört zu den feinsinnigsten und analytischsten Dirigenten für die Werke der klassischsten aller Musikepochen. Das Witzige und musikalisch Geistreiche jener Kompositionen, die so kunstvoll thematisches Material verarbeiten, kommt bei Fischers transparenten Dirigaten ungemein pointiert heraus.

Darüber hinaus hat Fischer kürzlich mit einem Mahler-Zyklus im Wiener Musikvereinssaal auch auf dem Gebiet der Spätromantik Furore gemacht. Und bereits in Wien kombinierte er klassische Symphonien aus dem 18. Jahrhundert mit denen der ausgehenden Romantik. Diesen großen musikgeschichtlichen Bogen will er jetzt mit Haydn und Mahler auch in Düsseldorf schlagen.

Haydn und Mahler bilden die ganz große Klammer im Bereich des Symphonischen, das Alpha und Omega einer Musikform, die mit Haydns Schaffen im 18. Jahrhundert startete und mit Mahler im beginnenden 20. Jahrhundert monumental in die Zielgerade einfuhr. Die Hauptlinie verläuft von Haydn über die Klassiker Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven sowie die Romantiker Franz Schubert, Anton Bruckner und Johannes Brahms bis zum Spätromantiker Mahler. Und es hat sich in diesen anderthalb Jahrhunderten musikalisch Enormes verändert.

Haydn hatte sich die im mittleren 18. Jahrhundert eigentlich noch nicht so stark repräsentierte Form der viersätzigen Symphonie zum musikalischen Experimentierfeld gemacht. Seine Schüler Mozart und Beethoven taten es „Papa Haydn“ sodann kongenial nach.

Mit der Romantik des 19. Jahrhunderts sollte zunächst das Sterbeglöcklein der Symphonie schlagen. Denn die Palette symphonischer Formgebung galt mit Beethovens Vermächtnis seiner neun monumentalen Symphonien als restlos abgefrühstückt und musikalisch nicht weiter ausbaufähig. Die „Neu-Deutschen“ um Franz Liszt und Richard Wagner suchten nach einer literarisch inspirierten Tonsprache, die mit musikalischen Mitteln Seelenzustände von Literatur-Helden wie beispielsweise Goethes Faust schilderten.

Die jüngeren Kollegen Bruckner und Mahler waren diesen Ideen und vor allem den daraus resultierenden Werken gar nicht abgeneigt, wollten aber von der symphonischen Großform nicht lassen. Insbesondere bei Mahler findet sich eine Synthese aus der programmatischen Tondichtung à la Liszt und der klassischen Themen-Verarbeitung in Haydns Sinne. So haben mehrere von Mahlers zehn Symphonien Titel: Die Erste nennt sich „Der Titan“, die Zweite „Auferstehung“. Schon die vorderste Satzbezeichnung der Erstlings-Symphonie gibt ein Beispiel für Mahlers Sinn fürs Romantische: „Wie ein Naturlaut“ heißt es da.

Zugleich arbeitet Mahler intensiv mit den klassischen Techniken der Sonatenhauptsatzform. Keinem anderen Komponisten ist es gelungen, Höchstmaße an Form und Inhalt in Einklang zu bringen. Haydn und Mahler — mit beiden Komponisten hat Adam Fischer bereits sein enormes kapellmeisterisches Können unter Beweis gestellt. Und bei seinem hiesigen Mozart-Gastkonzert mit den Düsseldorfer Symphonikern zeigte sich zudem eine gute künstlerische Harmonie. Die Zeichen für neue Höhenflügen in der Tonhalle stehen für die kommenden fünf Jahre also günstiger denn je.

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